Beschichtungsverfahren im Praxistest -Stärken, Schwächen, Optimierungspotentiale-
13.02.2006
Für die Sanierung von Abwasserschächten sollen Beschichtungsverfahren eine kostengünstige Alternative zur Erneuerung des Schachtes darstellen. Aber sind sie das auch ? Bislang gab es kaum Anhaltspunkte hinsichtlich der Einsatzgrenzen, Qualitätseinflüsse und Dauerhaftigkeit der angebotenen Verfahren. Das IKT hat nun ein wenig Licht ins Dunkel gebracht: In einer umfangreichen Praxisstudie wurden 42 Schachtbeschichtungen bei 12 Netzbetreibern begleitet und untersucht.
Für die Reparatur von großflächigen Schäden oder Undichtigkeiten können neben der Erneuerung des Schachtes Auskleidungs- und Beschichtungsverfahren eingesetzt werden. Ein konkreter Handlungsdruck für die Zustandserfassung und Sanierung von Schächten ergibt sich für die Netzbetreiber in Nordrhein-Westfalen z.B. aus der Selbstüberwachungsverordnung Kanal (SüwV Kan) [1] bzw. den entsprechenden Runderlass zum Betrieb von Kanalisationsnetzen [2].
Das IKT wählte eine sehr praxisorientierte Vorgehensweise, um den wesentlichen Qualitätseinflüssen bei der Ausführung von Beschichtungsmaßnahmen auf die Schliche zu kommen und gleichzeitig die Einsatzmöglichkeiten bzw. Einsatzgrenzen der einzelnen Verfahren auszuloten. In der insgesamt ca. 2-jährigen Projektlaufzeit wurde das folgende Arbeitsprogramm absolviert:
42 Beschichtungsmaßnahmen in den Entwässerungsnetzen von insgesamt 12 Netzbetreibern wurden begleitet und dabei umfangreiche Qualitätsprüfungen über einen Zeitraum von mehreren Monaten durchgeführt. Zum Einsatz kamen Mörtelbeschichtungen und Beschichtungen aus Polyurethan, wobei alle marktrelevanten Reinigungs- und Auftragsverfahren berücksichtigt wurden. Sämtliche Sanierungen wurden durch Fachfirmen ausgeführt. Diese hatten lediglich Vorgaben zum Beschichtungsmaterial und der Verfahrenstechnik erhalten.
Auf Hinweise zur Sanierungsdurchführung wurde bewusst verzichtet, um die üblichen Arbeitsprozesse, die tatsächliche Sanierungsqualität sowie mögliche Fehlerquellen und Verbesserungspotenziale wirklichkeitstreu erkennen zu können.
Als Ergänzung zu diesen Vor-Ort-Maßnahmen wurden Versuche in den Laboren und Versuchsständen des IKT durchgeführt. So konnten z.B. die Auswirkungen von intensiven Verkehrslasten auf einen beschichteten Schacht simuliert oder das Verbundverhalten von Beschichtungen auf wassergesättigten Betonoberflächen näher untersucht werden.
Aus den Ergebnissen der Praxis -Untersuchungen und der Laborversuche ergaben sich weitere Fragestellungen:
- Wie groß müssen die Mindesthaftzugfestigkeiten von Beschichtungen sein ?
- Wie wirken sich alternative Vorbehandlungstechniken aus ?
- Welchen Einfluss hat das Außenklima auf die Aushärtung von Mörtelbeschichtungen ? und
- Wie gut kann der Übergang zu anderen Materialien in den Verbindungsbereichen hergestellt werden ?
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes zeigen: Die untersuchten Beschichtungsverfahren können grundsätzlich geeignet sein, die Dichtheit und Funktionsfähigkeit von Mauerwerks- und Betonschächten wiederherzustellen. Eine Schachtsanierung im Beschichtungsverfahren scheint besonders bei schwierigen Geometrien und zahlreichen Zuläufen im Schachtkörper eine Alternative zum Neubau des Schachtes zu sein.
- Bei 16 der 26 untersuchten Mörtelbeschichtungen lagen optisch feststellbare Mängel wie Risse, Hohlstellen, Fehlstellen oder Undichtigkeiten vor. Bei nur 7 Mörtelbeschichtungen konnte ein Haftverbund zur alten Schachtwandung gemessen werden, der die Anforderungen der maßgeblichen Richtlinien erfüllte. Vor allem an Mörtelbeschichtungen in Betonschächten wurde ein insgesamt sehr geringer Verbund zum Untergrund festgestellt.
- Auch bei den Polyurethanbeschichtungen lagen bei 9 der 16 untersuchten Fälle optisch feststellbare Mängel wie Hohlstellen, Blasen oder Fehlstellen vor. Hier konnte in 12 Fällen ein ausreichender Haftverbund zum Untergrund ermittelt werden. Probleme schienen nur sehr nasse Untergründe zu verursachen.
Festgehalten werden kann, dass die derzeitigen Maßnahmen zur Qualitätssicherung – gerade mit Blick auf die übliche Ausführungspraxis – stark verbesserungswürdig sind. Daher hat das IKT - ausgehend von den gesammelten Erfahrungen – Hinweise zur Qualitätssicherung erarbeitet, die Netzbetreibern bei der Ausschreibung, Bauüberwachung und Abnahme von Sanierungsmaßnahmen im Beschichtungsverfahren nutzen können.
Diese Hinweise zur Qualitätssicherung sowie weitere interessante Ergebnisse sind im Endbericht zu dem Forschungsprojekt [4] nachzulesen, der ab sofort kostenlos von der Homepage des IKT Institut für Unterirdische Infrastruktur unter http://www.ikt.de heruntergeladen werden.
Literatur
[1] Verordnung zur Selbstüberwachung von Kanalisationen und Einleitung von Abwasser aus Kanalisationen im Mischsystem und im Trennsystem (Selbstüberwachungsverordnung Kanal - SüwV Kan). - Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, 49 (Nr. 10): S. 64- 67; Düsseldorf 1995.
[2] Anforderungen an den Betrieb und die Unterhaltung von Kanalisationsnetzen - RdErl. D. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft v. 03.01.1995 - Bekanntmachung im Ministerialblatt für das Land NRW – Nr. 14 vom 10. Februar 1995.
[3] Bosseler, B.; Homann, D.; Kaltenhäuser, G.: Bundesweite Umfrage zur Sanierung von Schachtbauwerken im Bereich der Abwassertechnik mittels Beschichtungsverfahren; Gelsenkirchen, Juli 2001.
[4] Bosseler, B.; Puhl, R.: Beschichtungsverfahren zur Sanierung von Abwasserschächten - Studie zu Qualitätseinflüssen und Einsatzgrenzen anhand von Praxis- und Laboruntersuchungen -; Gelsenkirchen, Februar 2005.
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