Das Recht des VOB-Vertrages - Teil 11/18: Vertragsstrafe

13.10.2005

Der Paragraph 11 VOB/B regelt die in der Praxis häufig vereinbarten Vertragsstrafen. In Nr. 1 wird auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 339 bis 345 BGB verwiesen. Sodann wird in den Nummern 2, 3 und 4 die im Bauwesen übliche Strafe wegen der Überschreitung von vorgesehenen Fristen näher ausgestaltet. § 11 VOB/B hat dabei nur das Fehlverhalten des Auftragnehmers im Blick, nicht aber Vertragsstrafenregelungen für den Fall, dass ein Fehlverhalten des Auftraggebers vorliegt. Auch solche Vertragsstrafen könnten nach dem gesetzlichen Leitbild vereinbart werden.

I. Keine Strafe ohne Vereinbarung

§ 11 VOB/B ist nur anzuwenden, wenn die Vertragsstrafe ausdrücklich und hinreichend klar vereinbart wurde (LG Amberg, IBR 1999, 528). Die Vertragsstrafe kann auch noch nach Abschluss des Vertrages bis zu dessen endgültiger Abwicklung vereinbart werden. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe zur Sicherung einer Ausführungsfrist ist aber nur dann wirksam, wenn bei Abschluss der Vereinbarung die zu sichernde Frist noch nicht abgelaufen war (OLG Düsseldorf, BauR 1979, 153-154).
Die Vereinbarung kann auch jederzeit wieder aufgehoben werden. Heben die Parteien einen ursprünglich vereinbarten Fertigstellungstermin, der überschritten worden ist, einvernehmlich auf und vereinbaren, dass die Restarbeiten zu einem neuen Termin zum vertraglich vereinbarten Preis fertig gestellt werden sollen, ist davon auszugehen, dass die ursprüngliche Vertragsstrafenregelung nicht mehr gelten soll, wenn dazu keine neue Regelung getroffen worden ist (OLGR Celle 2004, 292-294).
II. Die einzelnen Arten der Vertragsstrafe

§ 339 BGB unterscheidet zwei Fälle der Vertragsstrafe:

1.    Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung

2.    die Vertragsstrafe wegen nicht gehöriger Erfüllung.

Beide Fälle sind in § 11 VOB/B nicht angesprochen, weil es dort nur um die Strafe des Auftragnehmers zugunsten des Auftraggebers für den Fall von Fristüberschreitungen geht, den man am ehesten dem Strafversprechen wegen nicht gehöriger, weil nicht rechtzeitiger Erfüllung zuordnen kann. Dennoch vorab zu den gesetzlichen Regelungen:
1. Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung

Die Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung umfasst die Fälle, in denen der Auftragnehmer seinen Vertragspflichten nicht nachkommt oder die Leistung so wesentliche Mängel aufweist, dass sie als nicht erfüllt gilt. Zur Nichterfüllung zählt bei einer Bauleistung, wenn das Werk nicht abnahmefähig ist, etwa weil es wesentliche Mängel im Sinne von § 12 Nr. 3 VOB/B hat (OLG Naumburg, NZBau 2001, S. 139).

Bei der Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung kann der Gläubiger die Vertragsstrafe nur anstelle der Erfüllung verlangen. Solange er das Verlangen noch nicht gestellt hat, kann der Schuldner die Leistung noch erbringen. Hat der Gläubiger hingegen dem Schuldner erklärt, dass er die verwirkte Strafe verlange, ist der Anspruch auf weitere Erfüllung ausgeschlossen, sofern die Vertragsstrafe nach den getroffenen Abreden tatsächlich verwirkt ist. Solange dies nicht feststeht, kann der Erfüllungsanspruch neben dem Anspruch auf die Vertragsstrafe geltend gemacht werden (BGH, LM Nr.2 zu § 17 UWG).

Nach § 340 Abs. 2 BGB kann der Gläubiger die verwirkte Strafe als Mindestbetrag verlangen, wenn ihm gegen den Schuldner ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zusteht (OLG Düsseldorf, BauR 2003, S. 259). Dies kann wegen Verzuges, wegen verschuldeter Unmöglichkeit oder wegen Mängeln sein, je nachdem, wie das Strafversprechen im Einzelfall reicht. Darüber hinaus kann der Gläubiger seinen weiteren Schaden, den er jedoch darlegen und beweisen muss, geltend machen, § 340 Abs. 2 S. 2 BGB; § 341 Abs. 2 BGB.

Immer aber muss der Gläubiger die verwirkte Strafe auf seinen möglicherweise höheren Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung anrechnen (OLG Düsseldorf, BauR, S. 259).
2. Vertragsstrafe wegen nicht gehöriger Erfüllung

Eine Vertragsstrafe wegen nicht gehöriger Erfüllung umfasst die Fälle, in denen der Auftragnehmer nicht in der vertraglich vereinbarten Art und Weise leistet. Zur Gruppe der nicht gehörigen Erfüllung werden die Schlechterfüllung und die verspätete Erfüllung gezählt (KG Berlin, BauR 1984, 529).

Die Vertragsstrafe wegen nicht gehöriger Erfüllung der darauf bezogenen vertraglichen Pflicht kann neben der Erfüllung verlangt werden, § 341 BGB. Dabei muss die Vertragsstrafenvereinbarung mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, ob sie sämtliche Fälle nicht gehöriger Erfüllung erfasst oder nur Teilbereiche davon, wie z.B. die vollständige, mangelfreie, oder nur die rechtzeitige Erfüllung (KG Berlin, BauR 1984, 529). Ist sie nur für den letzteren Fall vereinbart, so erfasst sie grundsätzlich nicht die vollständige, mangelfreie Erfüllung. Erfüllt der Auftragnehmer innerhalb der vorgegebenen Zeit, aber mangelhaft, so fällt damit nicht ohne weiteres die Vertragsstrafe an, sondern nur, handelt es sich um wesentliche Mängel, die eine Abnahmeverweigerung rechtfertigen, weil dann noch keine Fertigstellung vorliegt (KG Berlin, a.a.O.).

Bei der Vertragsstrafe für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung handelt es sich um die nicht rechtzeitige Erledigung einer vertraglichen Verpflichtung des Auftragnehmers. Dazu zählen auch die vertraglichen Nebenpflichten, sofern – wie oftmals der Fall ist – die Vertragsstrafenvereinbarung auch darauf bezogen ist. Voraussetzung ist eine – vor allem hinsichtlich des Endes – genau festgelegte oder bestimmbare vertragliche Frist, § 5 VOB/B, die der Auftragnehmer nicht eingehalten hat.

Die Überschreitung unverbindlicher Fristen führt nicht zur Vertragsstrafe nach § 11 Nr. 2 VOB/B (OLG Düsseldorf, BauR 1982, S. 582). Nur bei bestimmter oder bestimmbarer verbindlicher Ausführungsfristen lässt sich eine Überschreiten durch einen Soll-Ist-Vergleich feststellen.

Die Zeit für die Leistung ist gemäß § 284 Abs. 2 S. 1 BGB auch dann nach dem Kalender bestimmt, wenn eine Fertigstellung der Bauarbeiten nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums im Vertrag vereinbart ist und das Datum des Beginns des Zeitraums während der Vertragsdurchführung einvernehmlich festgelegt wird (BGHZ 149, 283-289).
Kommen Bauzeit verlängernde Umstände hinzu, ist ein Fortschreiben des Bauzeit nach § 6 Nr. 2 und 4 VOB/B notwendig, um den neuen Fälligkeitstermin zu bestimmen (OLG Jena, BauR 2000, S. 1612 und BayOLG, Beschluss vom 15.07.2002 VerG 15/02 "A8 München-Ulm", Vergaberecht 5/2002, S. 534 ff. unter Bezugnahme auf Diehr, ZfBR 2002, 316 ff. für den Fall der Bauzeitenverschiebung vor Auftragsvergabe).

Wegen der schwerwiegenden Folgen der Strafvereinbarung ist eine einschränkende Auslegung der in Betracht kommenden vertraglichen Vereinbarungen geboten (KG Berlin, BauR 1984, S. 529). Da die hier erörterte Vertragsstrafe als ein Druckmittel zur zeitgerechten Erfüllung der Leistungspflicht des Auftragnehmers gelten soll, kann sie mit diesem Zweck nicht mehr vereinbart werden, wenn der Auftragnehmer als Schuldner seine Leistungspflicht bereits erfüllt hat und die Frist abgelaufen ist. Eine später dennoch vereinbarte Vertragsstrafe ist gegenstandslos, da die zu sanktionierende Pflicht bereits durch Erfüllung erloschen ist.

Für beide Arten von Vertragsstrafen gilt, dass ihre Verwirkung (Fälligkeit) erst bei Verzug des Leistungsverpflichteten, also des Auftragnehmers, vgl. §§ 280, 286 BGB, eintritt. Zu der Fälligkeit der Leistungen müssen also grundsätzlich nach Fristablauf ausgesprochene Mahnungen (§ 286 Abs. 1 BGB) des Berechtigten (BGH, BauR 1985, S. 576) und Verschulden (§ 286 Abs. 4 BGB) des Verpflichteten hinzukommen, wobei die Bestimmungen in den "Besonderen", oder "Zusätzlichen Vertragsbedingungen", die Vertragsstrafe sei bei Überschreiten von Vertragsfristen zu zahlen (KG, BauR 1984, S. 529), die Mahnung nicht entbehrlich macht. Die Ausnahmetatbestände, unter denen zur Herbeiführung des Verzuges auf eine Mahnung verzichtet werden kann, sind in § 286 Abs. 2 BGB geregelt. Dazu gehört der Fall der ernsthaften Erfüllungsverweigerung, sowie der Fall, dass sich der Auftragnehmer bisher als gänzlich unzuverlässig erwiesen hat, oder die Zeit der Leistung nach dem Kalender bestimmt ist (BGH, BauR 1985, S. 576).

Unentbehrlich ist eine Mahnung, wenn die Leistungszeit im Einvernehmen mit dem Aufraggeber z. B. durch Anrechnung von Schlechtwetterzeiten oder sonstigen Behinderungen des Auftragnehmers oder Urlaub, ohne hinreichende Festlegung eines Endzeitpunktes verlängert worden ist. Gleiches gilt, wenn die Nichteinhaltung der kalendermäßig bestimmten Fristen auf einer nicht rechtzeitigen Erfüllung von dem Auftraggeber obliegenden Mitwirkungshandlungen beruht und zwischen den Vertragspartnern eine neue Fristenvereinbarung nicht getroffen wird (BGH, BauR 1993, S. 600).

Die Beweislast für die Vereinbarung der Vertragsstrafe wie auch deren Höhe und Fälligkeit obliegt dem Auftraggeber (BGH, BauR 1977, S. 280). Der Auftragnehmer hat Beweis gem. § 345 BGB zu führen, wenn er die Verwirkung einer Strafe bestreitet, etwa für fehlendes Verschulden bei der Fristüberschreitung, § 286 BGB (OLG Celle, BauR 2003, 1413).
3. Keine Strafe ohne Schaden

Eine Vertragsstrafenregelung ist zwar auch dann wirksam, wenn dem Auftraggeber durch die Überschreitung der Vertragsfrist keine erheblichen Nachteile im Sinne des § 12 Nr. 1 VOB/A entstanden sind (KGR Berlin 2003, 263). Zumindest ein öffentlicher Auftraggeber (hier: Gemeinde) von (Straßen-)Bauarbeiten kann sich nach Treu und Glauben aber nicht auf eine Vertragsstrafenvereinbarung berufen, wenn ihm aus der Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins kein erheblicher Nachteil entstanden ist (LG Lüneburg 5. Zivilkammer, Datum: 12. September 2000, Az: 5 O 86/00; OLG Jena, BauR 2001, 1446 bis 1447; BGH; Entscheidung vom 19.02.1998, VII ZR 345/96). Also kann zumindest ein öffentlicher Auftraggeber, der nach der VOB/A ausgeschrieben hat, die vereinbarte Vertragsstrafe nur dann verlangen, wenn ihm aus der Fristüberschreitung tatsächlich Nachteile entstehen (OLG Jena, BauR 2001, S. 1446).

Bei genauer Betrachtung muss diese Einschränkung für jeden Auftraggeber gelten. Soll die Strafe ein Mindestbetrag eines Schadens sein, vgl. § 340 Abs. 2 S. 1 und § 341 Abs. 2 BGB, meint das Gesetz also, dass letztendlich der Schadenersatzanspruch pauschaliert wird und den Schadensnachweis ersparen soll. Lässt sich dann aber feststellen, dass im konkreten Fall überhaupt kein Schaden entstanden sein kann, muss dem Schuldner der Einwand eröffnet sein, die Vertragsstrafe abzuwehren.
III. Herabsetzung der Vertragsstrafe

Die zulässige Höhe und etwaige Herabsetzung einer überhöhten Vertragsstrafe steht, wenn diese wirksam vereinbart und verwirkt ist, nach § 343 BGB im Ermessen des Tatrichters. Zu berücksichtigen ist dabei jedes berechtigte Interesse des Auftraggebers, nicht nur das Vermögensinteresse, andererseits auch die anzuerkennenden Belange des Auftragnehmers. Grundsätzlich müssen aber Sinn und Zweck als Druck- und Sicherungsmittel gewahrt bleiben (OLG Hamm, BauR 1995, 548).

Verlangt der Auftragnehmer Herabsetzung der Vertragsstrafe, so hat er die behauptete Unverhältnismäßigkeit der Vertragsstrafenhöhe ebenfalls darzulegen und zu beweisen.  

Keine Herabsetzung der Vertragsstrafe kommt gem. § 343 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn die Vertragsstrafe von einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes versprochen ist, § 348 HGB. Wer ein Bauunternehmen betreibt ist dabei als Kaufmann gem. § 1 Abs. 1 HGB anzusehen (OLGR Celle 2002, 311-312 = BauR 2003, 1413-1416; BGH BauR 1981, 374, 376; OLGR Oldenburg 1998, 271-272).

Die Herabsetzungsmöglichkeit des BGB § 343 besteht dann auch nicht bei unangemessen hohen Vertragsstrafen, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sind. Insofern ist § 341 BGB eng auszulegen. Solche Vertragsstrafenvereinbarungen sind vielmehr unwirksam (vgl. unten und BGHZ 85, 305-315 in Bestätigung BGH, 1960-11-03, VII ZR 150/59, BGHZ 33, 236; Bestätigung BGH, 1971-03-11, VII ZR 112/69, NJW 1979, 883; Bestätigung BGH, 1977-02-10, VII ZR 17/75, NJW 1977, 897).
IV. Aufrechnung / Verrechnung

Der Auftraggeber ist grundsätzlich berechtigt, eine zu seinen Gunsten verwirkte Vertragsstrafe mit dem Vergütungsanspruch des Auftragnehmers zu verrechnen. Es entfällt im Falle der Verwirkung der Vertragsstrafe der entsprechende Teil des Vergütungsanspruches. Es handelt sich nicht um eine Aufrechnung, sondern lediglich um die Ermittlung des rechnerischen Ergebnisses im Wege der Abrechnung (OLG Düsseldorf, BauR 1975, S. 57).

Verteidigt sich der Auftraggeber im Werklohnprozess gegenüber dem Vergütungsanspruch des Auftragnehmers vorsorglich mit dem Anspruch aus einem Vertragsstrafenversprechen für nicht gehörige Erfüllung, liegt darin die hilfsweise Aufrechnung mit einer Gegenforderung (OLG Nürnberg, Beschluss vom 12. April 1999, Az: 4 W 1167/99). Bei der Geltendmachung von Schadensersatz- und Vertragsstrafenansprüchen des Auftraggebers handelt es sich um eine Aufrechnung i.S.d. § 302 ZPO, so dass ein Vorbehaltsurteil ohne Abzug der eingewandten Gegenforderungen in Betracht kommt. Eine von Amts wegen zu berücksichtigende und den Erlass eines Vorbehaltsurteils verhindernde Ver- bzw. Anrechnung unter Anwendung der Differenztheorie liegt nur dann vor, wenn der Auftraggeber die Leistung insgesamt zurückweist und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt. Ein Abrechnungsverhältnis scheidet aus (OLG Hamm, BauR 2002, S. 1591; OLG Brandenburg, BauR 2001, S. 1111).

Der Vertragsstrafenanspruch ist eigenständig durchsetzbar, insbesondere bedarf er nicht notwendigerweise einer Schlussrechnung, da die Schlussrechnungssumme von vornherein feststeht (OLG Düsseldorf, BauR 1985, S.576).
V. Durchstellen einer Vertragsstrafe

Ein Hauptunternehmer, der wegen verzögerter Fertigstellung des Werks an den Auftraggeber eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, kann seinen Subunternehmer nach VOB B § 6 Nr. 6 VOB/B auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, wenn die Verzögerung auf dessen schuldhafter Verletzung einer vertraglichen Pflicht beruht. Wenn der Hauptunternehmer gegen den Werklohnanspruch des Subunternehmers mit einer solchen Vertragsstrafe aufrechnet, kann der Subunternehmer dagegen nicht mit Erfolg einwenden, die Überwälzung einer Vertragsstrafe in Höhe von fast 70% seiner Schlussrechnungssumme sei unzulässig. Auch eine besondere Schadensanfälligkeit des Hauptunternehmers entlastet den Subunternehmer nicht und die Nichtersatzfähigkeit von Schäden muss die Ausnahme bleiben. Jedoch kann der Subunternehmer der Aufrechnungsforderung unter dem Gesichtspunkt mitwirkenden Verschuldens unter Umständen entgegensetzen, dass ihn der Hauptunternehmer vor Vertragsschluss oder bei Durchführung der Arbeiten nicht oder nicht ausreichend auf diese wirtschaftliche Risiken hingewiesen hat (BGH, NJW-RR 2000, 684-685; BGH, BauR 1998, 330-332; OLGR Naumburg 1998, 313-315).

Auch unterbricht der Abschluss eines Vergleiches über die Zahlung einer Vertragsstrafe in einem Prozess Auftraggeber gegen Generalunternehmer den Zurechnungszusammenhang im Verhältnis zum Nachunternehmer nicht. Es kann in einem solchen Fall dann zumindest der Vergleichsbetrag als konkret verbliebener Schaden gegen den Nachunternehmer geltend gemacht werden (st. Rspr. seit OLGR Naumburg 1998, 313-315).
VI. Fristberechnung

Ist für die nicht fristgerechte Erfüllung eine Vertragsstrafe vereinbart, gilt für ihre Verwirkung, vor allem aber für den dafür vorauszusetzenden Verzug, das in die Fristberechnung nur die Zeit einzubeziehen ist, in der die im Vertrag vereinbarte Bauleistung zu erfüllen war und tatsächlich auch ungehindert erfüllt werden konnte; insbesondere der Auftraggeber seine im Zusammenhang mit der Ermöglichung fristgerechter Erfüllung durch den Auftragnehmer stehenden Pflichten selbst erfüllt hat (BGH, BauR 2003, S.531).

Hat der Auftraggeber die Umstände zu vertreten, die zu einem verspäteten Leistungsbeginn geführt haben, oder fallen sie jedenfalls wie beispielsweise nachträgliche Leistungen in den ihm zurechenbaren Bereich, sind die darauf entfallenden Verzögerungen wie auch diejenige Zeit, die für die Erstellung des ursprünglich nicht vereinbarten Leistungsteils benötigt wurde, bei der Fristberechnung der Vertragsstrafe nicht in Ansatz zu bringen (OLG Düsseldorf, IBR 2000, S. 120). Gleiches gilt, wenn zugunsten des Auftragnehmers von den in § 6 Nr. 2 VOB/B geregelten Ausnahmetatbeständen auszugehen ist, mithin von einer Behinderung
  • durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers,
  • durch Streik oder eine von der Berufsvertretung der Arbeitgeber angeordnete Aussperrung im Betrieb des Auftragnehmers oder in einem unmittelbar für ihn arbeitenden Betrieb,
  • durch höhere Gewalt oder andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände.
Den Auftragnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, er habe die Fristüberschreitung nicht zu vertreten oder durch von ihm nicht zu vertretende Umstände sei der Zeitplan so gestört, dass ein Anspruch auf Vertragsstrafe ganz entfällt (BGH, NJW 1999, S. 1108).

Witterungseinflüsse während der Ausführungszeit hingegen, mit denen bei Abgabe des Angebots normalerweise gerechnet werden musste, gelten nicht als Behinderung, § 6 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B.

Hinsichtlich der Behinderungen bedarf es grundsätzlich der Anzeige nach § 6 Nr. 1 S. 1 VOB/B, es sei denn, es kann beim Auftraggeber Offenkundigkeit hinsichtlich der hindernden Umstände angenommen werden (OLG Celle, BauR 2003, 1413). Im Allgemeinen wird der Auftraggeber durch Vorlage einer zutreffenden Behinderungsanzeige den Nachweis der Schuldlosigkeit einer Verzögerung führen können, naturgemäß für den Bereich und den damit zusammenhängenden Ausführungszeitraum, auf den sie sich bezieht (BGH, BauR 2003, S. 531; OLG Düsseldorf, BauR 2001, S. 812).
Dem Auftragnehmer ist aber nicht der Nachweis der Schuldlosigkeit genommen, wenn er die Baubehinderungsanzeige unterlassen hat, da die Behinderungsanzeige nur für die Ansprüche gilt, die in § 6 VOB/B Nr. 2, 4, 6 erfasst sind (BGH, BauR 1999, S. 645; OLG Saarbrücken, BauR 1998, S.1010).

Im Falle der Leistungserweiterung bleibt es ausnahmsweise bei der ursprünglichen Fristberechnung, wenn nach dem Vertrag oder aus den Umständen zu entnehmen ist, dass die im Vertrag vereinbarte Frist auch für den Fall der nachträglichen Erweiterung gelten soll. Allerdings kommt eine Fristverlängerung, für die § 6 Nr. 4 VOB/B entsprechend gilt, sofern eine nachträgliche ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Vertragsstrafe getroffen wird, nur in Betracht, wenn es sich bei den in den Bereich des Auftraggebers fallenden Umständen um solche handelt, durch die sich nicht sonderlich ins Gewicht fallende und zeitlich klar nachvollziehbare Abweichungen vom Fristenplan ergeben (OLG Hamm, BauR 1996, S. 392).

Haben dagegen vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände die Bauausführung so erheblich verzögert, dass der ganze Zeitplan des Auftragnehmers umgeworfen und er zu einer durchgreifenden Neuordnung gezwungen wird, ist die Vertragsstrafenzusage hinfällig (BGH, NJW 1966, S. 971). Sie ist im Zweifel neu zu vereinbaren (OLG Jena, BauR 2001, S. 1446 und BayOLG, Beschluss vom 15.07.2002 VerG 15/02 „A8 München-Ulm“, Vergaberecht 5/2002, S. 534 ff. unter Bezugnahme auf Diehr, ZfBR 2002, 316 ff. für den Fall der Bauzeitenverschiebung vor Auftragsvergabe). Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber nach Setzen einer Nachfrist mit Ablehnungsandrohung mit dem Unternehmer weiterarbeitet oder für sonst vom Auftraggeber zu verantwortende beachtliche Zeitverschiebungen (OLG Düsseldorf, BauR 2003, S. 259). Grundlegende Änderungen ziehen weitere Folgen nach sich, die in das ursprüngliche Vertragsbild nicht mehr einzuordnen sind, und deswegen eine neue Fristberechnung unmöglich, zumindest aber zu unsicher machen, weshalb eine neue vertragliche Vereinbarung nicht getroffen wird oder getroffen werden kann. Vor allem unter Berücksichtigung einer bereits verlängerten Baufrist. Dies hat auch bei wesentlicher Verschiebung des Arbeitsbeginns zu gelten, insbesondere wenn die Ausführungsfristen nicht nach dem Kalender, sondern nach Arbeitstagen bestimmt sind ((BGH , BauR 1973 , S. 48)).
Wird hingegen die im Vertrag vorgesehene Leistung später vermindert, so gilt mangels abweichender Vereinbarung die bisher maßgebliche Frist, es sei denn, dass im Einzelfall eine anderweitige Beurteilung geboten ist. Der Auftraggeber hat den Auftragnehmer allerdings rechtzeitig und eindeutig auf die Verkürzung der Frist hinsichtlich der Vertragsstrafe hinzuweisen. Der Anspruch auf eine solche Fristverkürzung ergibt sich dabei  nicht unmittelbar aus § 6 Nr. 2 bis 4 VOB/B, kann aber aus § 6 Nr. 3 VOB/B und § 242 BGB (dem Grundsatz von Treu und Glauben) entwickelt werden, wonach ein Auftragnehmer alles zu tun hat, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterführung der Arbeiten zu ermöglichen. Der Verkürzungsanspruch kann sich auch – soweit ursprünglicher vertraglicher Bauentwurf die Bauzeit war – aus § 1 Nr. 3 i.V.m. § 2 Nr. 5 VOB/B ergeben und könnte in der Konsequenz als Beschleunigungsanordnung sogar die Folge der Verringerung des Vergütungsanspruches haben. Hinsichtlich des umgekehrten Falls ist der Verlängerung von Ausführungsfristen sowie eines Mehrvergütungsanspruches wegen veränderter Bauausführungszeit (vgl. Teil II und und BayOLG, Beschluss vom 15.07.2002 VerG 15/02 "A8 München-Ulm", Vergaberecht 5/2002, S. 534 ff. unter Bezugnahme auf Diehr, ZfBR 2002, 316 ff. für den Fall der Bauzeitenverschiebung vor Auftragsvergabe).
VII. Vorbehalt der Vertragsstrafe

1. Vorbehalt "bei Abnahme"

Die Vorbehaltserklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die aber nicht notwendigerweise das Wort „Vorbehalt“ enthalten muss. Die Willenserklärung muss nicht jeweils individuell abgegeben werden, es genügt, wenn der Vorbehalt in  eine formularmäßig vorbereitete Abnahmeniederschrift aufgenommen worden ist und dann mit deren Unterzeichnung durch den Auftraggeber erklärt wird, nachdem der Auftraggeber die Vorbehaltserklärung hinreichend klar gekennzeichnet hat (BGH, BauR 1987, S. 92). Der Auftraggeber muss seinen Vorbehaltswillen bei der Abnahme zweifelsfrei erkennbar kundtun. Der Vermerk „Konventionalstrafe regelt der Vertrag“ genügt hier nicht (OLG Frankfurt, BauR 1986, S. 584; KG Berlin, IBR 2000, S. 318). In Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann der nach § 341 Abs. 3 BGB erforderliche Vorbehalt der Vertragsstrafe auch nicht durch die Klausel "Die verwirkte Vertragsstrafe wird der Einfachheit halber von der Schlussrechnung abgezogen" wirksam abbedungen werden (BGH, BauR 1984, S. 643).

Die Vorbehaltserklärung kann an sich mündlich geschehen. Bei einer förmlichen Abnahme ist der Vorbehalt wiederum nur wirksam erklärt, wenn er in das Abnahmeprotokoll aufgenommen worden ist (OLG Brandenburg, IBR 2000, S. 596).

Sinn des Vorbehaltes ist es, dem Auftragnehmer von Seiten des Auftraggebers klarzumachen, dass er unter dem Eindruck der nachgeholten Erfüllung sein Recht, die Vertragsstrafe zu fordern, nicht aufgeben will (BGH, NJW 1987, S. 380).
Dies muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer ganz unzweifelhaft mitteilen. Die Vorbehaltserklärung des Auftraggebers ist bei der Abnahme der nicht fristgerecht erbrachten Leistung zu erklären, wenn er nicht einen Rechtsverlust erleiden will (OLG Düsseldorf, BauR 1977, S. 281). Eine frühere oder spätere Geltendmachung des Vorbehaltes genügt deshalb im Allgemeinen nicht (BGHZ 85, S. 240).
Nicht ausreichend ist ferner, wenn die Abnahme an Ort und Stelle förmlich vorgenommen, dabei über den Vorbehalt nichts gesagt wird, sondern dieser erst in einem später erstmals angefertigten Abnahmeprotokoll auftaucht (OLG Düsseldorf, BauR 1982, S. 582).
Wird über das Ergebnis der förmlichen Abnahme vereinbarungsgemäß eine Niederschrift gefertigt, die von beiden Parteien unterzeichnet werden muss, so ist das Erfordernis eines Vorbehaltes von Vertragsstrafenansprüchen gewahrt, wenn der Auftraggeber den Vorbehalt in der Niederschrift vor der Unterzeichnung vermerkt (BGH, NJW 1987, S. 380). Eine vom Auftragnehmer in das Abnahmeprotokoll gesetzte Unterschrift bedeutet allerdings für sich allein noch nicht ein Anerkenntnis der Vertragsstrafenansprüche des Auftraggebers, sondern erklärt lediglich, dass der Auftragnehmer den Inhalt der Abnahmeniederschrift und damit auch die Vorbehaltserklärung zur Kenntnis genommen hat (BGH, BauR 1974, S. 206).

Hat der Schuldner auch für den Gläubiger erkennbar eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er die bereits verwirkte Vertragsstrafe endgültig im Rahmen der Abrechnung gegen sich gelten lassen will, bedarf es zum Schutz des Schuldners bei der späteren Abnahme nicht mehr eines Vorbehalts des Gläubigers (OLG Celle, BauR 2000, S. 278). Nicht gefordert wird ein Vorbehalt in den Fällen der Abnahmeverweigerung (BGH, BauR 1997, S. 640), sowie bei Durchführung einer Ersatzvornahme nach § 633 Abs. 3 BGB.

Sofern eine Teilabnahme nach § 12 Nr. 2 VOB/B in Betracht kommt, und die Vertragspartner in besonderen oder zusätzlichen Vertragsbedingungen von der Teilabnahme erfassten Teil der Gesamtleistungen eine Vertragsstrafe vereinbart haben, muss der Vorbehalt der Vertragsstrafe bei der Teilabnahme erklärt werden. Ist dagegen die Vertragsstrafe für die nicht rechtzeitige Erbringung der vertraglichen Gesamtleistung vereinbart, so ist der Vorbehalt bei der Abnahme der letzten Teilleistung zu erklären (OLG Düsseldorf, SFH § 11 Nr.6 VOB/B).
2. Vertretung bei Abgabe und Entgegennahme der Vorbehaltserklärung

Der Auftraggeber kann sich bei der Abgabe der Vorbehaltserklärung nicht ohne weiteres durch den bauleitenden Architekten oder Ingenieur vertreten lassen (BGHZ 74, S. 235). Diese bedürfen einer besonderen Vollmacht des Auftraggebers, ein Rückgriff auf § 15 HOAI i. V. m. dem Architektenvertrag kann eine solche Vollmacht nicht ersetzen (OLG Stuttgart, BauR 1975, S. 432).

Es ist dem Auftraggeber aber möglich, seinen Architekten oder Ingenieur ausdrücklich und für den Auftragnehmer erkennbar mit einer Vollmacht zur Vornahme der Abnahme des Werkes auszustatten (LG Leipzig, BauR 2000, S. 298). Dies kann durch Vollmachtsurkunde, aber auch durch direkte Anzeige gegenüber dem Auftragnehmer geschehen.

Einhergehend mit der Bevollmächtigung zur Abnahme besteht dann auch die Vollmacht zur Erklärung des Vorbehaltes. Denn der Vorbehalt zur Vertragsstrafe ist direkt mit der Abnahme des Werkes verbunden (BGH, BauR 1979, S. 345).

Zur Abgabe der Vorbehaltserklärung und zu ihrer Entgegennahme ist im Zweifel jeder zur Durchführung der förmlichen Abnahme bevollmächtigte Vertreter der Vertragspartner befugt (BGH, NJW 1987, S. 380). Mit der Erklärung wird aber lediglich die Geltendmachung des Vertragsstrafenanspruches vorbehalten, eine spätere tatsächliche Durchsetzung dieses Anspruches obliegt dem Auftraggeber.

Der Vorbehalt der Vertragsstrafe kann im Zweifel gegenüber dem dortigen Polier oder Bauleiter erklärt werden. In der Regel ist anzunehmen, dass zwischen Abnahme und Vertragsstrafenvorbehalt gerade im Falle der förmlichen Abnahme gemäß § 12 Nr. 4 VOB/B besteht ein vom Auftragnehmer zur Durchführung der förmlichen Abnahme bevollmächtigter Vertreter nicht nur zur Entgegennahme der Mängelanzeigen des Auftraggebers befugt ist, sondern auch zum Empfang einer den Vorbehalt einer Vertragsstrafe betreffenden Erklärung (BGHZ 74, S. 235; OLG Düsseldorf, BauR 1986, S. 457; BGH, BauR 1987, S. 92).
Ist eine zum Empfang berechtigte Person bei der Abnahme nicht zugegen, muss die Erklärung des Vorbehaltes gesondert dem Auftragnehmer oder einem insoweit zum Empfang bevollmächtigten Vertreter zugeleitet werden. Anderseits ist im Zweifel anzunehmen, dass derjenige, der vom Auftragnehmer zur Entgegennahme der Abnahme bevollmächtigt ist, auch die Vollmacht zum Empfang der Vorbehaltserklärung hat (BGH, BauR 1987, S. 92).
3. Hinweispflicht des Architekten auf einen Vertragsstrafenvorbehalt

Wichtig für den Auftraggeber ist in diesem Zusammenhang, dass nicht bevollmächtigte Architekten, wenn sie an der Vereinbarung der Vertragsstrafe im Rahmen der Bauvertragsgestaltung mitgewirkt haben, verpflichtet sind, den Auftraggeber auf die Erforderlichkeit der Erklärung des Vorbehaltes bei der Abnahme hinzuweisen (OLG Düsseldorf, BauR 2002, S. 1420).

Der BGH geht in seiner Rechtsprechung noch darüber hinaus: Er bestimmt eine Schadensersatzpflicht des nicht bevollmächtigten Architekten für den Fall, dass er den Auftraggeber in Kenntnis der Vereinbarung einer Vertragsstrafe – auch wenn er daran nicht mitgewirkt hat – nicht auf das Erfordernis einer rechtzeitigen Vorbehaltserklärung bei Abnahme hinweist (BGH NJW 1979, Seite 1499). Dies begründet sich in den Beratungs- und Betreuungspflichten des Architekten gegenüber dem Auftrageber. Allerdings reicht allein dabei das Wissen, dass üblicherweise in der Baubranche Vertragsstrafen vereinbart werden, nicht aus. Es müssen sich dem Architekten konkrete Anhaltspunkte ergeben haben (BGH, BauR 1979, S. 345).

Der Architekt als Sachwalter seines Auftraggebers ist aber von seiner Beratungspflicht hinsichtlich des Vertragsstrafenvorbehalts bei eigener Sachkunde des Auftraggebers befreit. Von der eigenen Sachkunde des Auftraggebers ist auszugehen, wenn dieser seit mehreren Jahren als Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Tätigkeitsbereich Installationsarbeiten sind, tätig ist (OLG Düsseldorf, BauR 2002, S. 1420).
4. Genehmigungsfähigkeit der vollmachtlosen Vorbehaltserklärung

Schließlich ist bei der Vorbehaltserklärung zu beachten, dass ein durch einen nicht bevollmächtigten Dritten für die Auftraggeber erklärter Vorbehalt nicht durch nachträtliche Genehmigung des Auftraggebers geheilt werden kann, § 180 BGB (LG Leipzig, BauR 2000, S. 298). Eine Heilungsmöglichkeit besteht nur, wenn der Auftragnehmer oder die zur Entgegennahme des Vorbehaltes berechtigten Person diesen Vorbehalt bei der Abnahme nicht beanstandet hatte.
VIII. Allgemeine Geschäftsbedingungen

1. Weil Vertragsstrafenvereinbarungen in der Praxis sehr häufig
Verwendung finden, sind sie nichts Außergewöhnliches und im Allgemeinen nicht überraschend. Der Auftragnehmer muss – vornehmlich in den "Zusätzlichen Vertragsbedingungen" – mit Vertragsstrafenvereinbarungen rechnen (BGH, BauR 1983, S.80).

Da § 11 VOB/B aber erfordert, dass die Vertragsstrafen gesondert vereinbart werden, sind sie aufgrund ihrer gravierenden Auswirkungen auf den Bauvertrag an einer deutlich erkennbaren, übersichtlichen Stelle im Bauvertrag anzusiedeln (OLG Düsseldorf, BauR 1982, S.582).
2. Es gilt der Grundsatz: keine Strafe ohne Schuld. Sowohl im normalen Rechtsverkehr als auch im kaufmännischen Verkehr verstößt daher eine einseitig vom Verwender aufgestellte Klausel in AGB, wonach die Vertragsstrafe unabhängig vom Verschulden verwirkt sein soll, gegen § 307 BGB und ist unwirksam. Dies kann nur dann anders beurteilt werden, wenn gewichtige Gründe vorliegen (BGH, der Betrieb 1984, S. 1673). Es ist daher nicht gerechtfertigt, formelhaft und unabhängig vom konkreten Bauvertrag und den gerade dafür maßgebenden Gesichtspunkten verschuldensunabhängige Regelungen in AGB generell aufzunehmen (OLG Celle, BauR 2003, S. 1413).

Ergibt sich aus dem VOB/B-Vertrag nichts Gegenteiliges, ergänzt die Regelung des § 11 Nr. 2 VOB/B nach ihrem Sinn und Zweck die im Vertrag an anderer Stelle getroffene Vertragsstrafenvereinbarung, so dass auch bei nicht ausdrücklicher Benennung des Verschuldensmerkmals dieses als vereinbart gilt (BGHZ 149, 283-289).
3. Auch wenn in den AGB die Bestimmung enthalten ist, dass Schadensersatzansprüche durch die Vertragsstrafe nicht berührt werden, muss sich der Auftraggeber die Vertragsstrafe auf den Schadensersatzanspruch anrechnen lassen, weil eine solche Bestimmung gegen das Gerechtigkeitsgebot verstößt und deshalb unwirksam ist (OLG Karlsruhe, BB 1983, S. 725). So auch die AGB, die zusätzlich zum Schadensersatz eine Vertragsstrafe verlangen (BGH, BauR 1989, S.459).
4. Eine Regelung in den AGB von Bauverträgen, wonach der Auftraggeber sich vorbehält, die Vertragsstrafe bis zur Schlusszahlung geltend machen zu dürfen, ist wirksam, sofern mit dem Begriff "Schlusszahlung" in zeitlicher Hinsicht die Fälligkeit der Schlusszahlung gemeint ist (BGHZ 72, S.222) und dies hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, nicht aber der Vorbehalt bis zur tatsächlichen Schlusszahlung (LG Leipzig, BauR 2000, S. 298). Dieses Klauselverständnis würde den Auftragnehmer benachteiligen, da es so der Auftraggeber in der Hand hätte, nicht nur den Zeitpunkt der Schlusszahlung, sondern insoweit auch die Erklärung des Vorbehaltes der Vertragsstrafe beliebig hinauszuschieben (BGH, BauR 2000, S. 1758). Das berechtigte Interesse des Auftragnehmers an dem Erhalt des unbestrittenen Guthabens, sowie die Verpflichtung des Auftraggebers zur Zahlung desselben, erfordern daher eine Vorbehaltserklärung bis zum Eintritt der Schlusszahlungsfälligkeit.

Ebenso ist die Abbedingung des Vorbehaltes in AGB unwirksam, § 307 BGB (BGH, BauR 1983, S. 80; OLG Köln, BauR 1977, S. 425). Unwirksam ist auch eine Vereinbarung, wonach der Gläubiger bis zum Ablauf der Verjährung berechtigt bleiben soll, die Strafe geltend zu machen (BGH, MDR 1980, 398).

Der Gläubiger muss sich das Recht auf Vertragsstrafe bei der Annahme der Leistung auch dann vorbehalten, wenn er mit dem Vertragsstrafenanspruch vorher aufgerechnet hat (BGHZ 85, 240).
5. Hinsichtlich der Höhe sind zwei Grenzen zu beachten:

a)    Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltende Klausel ist unwirksam, wenn sie eine Höchstgrenze von über 5% der Auftragssumme vorsieht (BGHZ 153, 311-327: Aufgabe von BGH, Urteil vom 25. September 1986 - VII ZR 276/84, BauR 1987, 92, 98 = ZfBR 1987, 35).

b)    Eine Vertragsstrafenklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach welcher der Auftragnehmer für jeden Arbeitstag der Verspätung eine Vertragsstrafe von 0,5% zu zahlen hat, übt einen wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Druck auf den Auftragnehmer aus. Sie ist ungeachtet einer Obergrenze unwirksam (BGH, EBE/BGH 2002, 164-165 und BGH BB 2002, 698-699 in Fortführung BGH, Urt. vom 20. Januar 2000, VII ZR 45/98, BauR 2000, 1049).
6. Einen genaueren Überblick kann man sich in dem Nachschlagwerk Diehr/Knipper, Wirksame und unwirksame Klauseln im VOB-Vertrag, Vieweg 2003, verschaffen.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der tis Tiefbau Ingenieurbau Straßenbau
Mehr Informationen unter www.tis-online.info


Autor:
Dr. Uwe Diehr
Rechtsanwalt
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