Entflechtung der Mischwasserkanalisation mit dem HS-Kanalrohrsystem
19.08.2013
Bauteile und Werkstoffe » Rohre
Seit rund 10 Jahren stellen die Stadtwerke Leer - Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) das innerstädtische Kanalnetz sukzessive von einer Mischwasserkanalisation auf ein Trennsystem um. Zum einen werden damit die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) erfüllt. Zum anderen führt die Entflechtung der Mischwasserkanalisation zu einer Verringerung der Kosten, da das anfallende Regenwasser zunehmend aus der Kläranlage ferngehalten wird.
Deshalb werden Abschnitte des städtischen Kanalnetzes überall dort, wo die baulichen Rahmenbedingungen es zulassen, konsequent erneuert. Etwa dann, wenn entsprechende Schadensbilder vorliegen oder hydraulische Mindestvoraussetzungen nicht mehr erfüllt werden. So auch bei einer Tiefbaumaßnahme im Helmsweg und im Esklumer Fährweg, wo die H. Schmidt GmbH im Auftrag der Stadtwerke eine neue Regenwasser- und Schmutzwasserkanalisation hergestellt hat. Auftraggeber und Planer haben sich dabei für das HS®-Kanalrohrsystem der Funke Kunststoffe GmbH entschieden. Neben HS®-Kanalrohren in blau (Regenwasser) und braun (Schmutzwasser), die für die Erstellung der Sammler und Hausanschlussleitungen genutzt wurden, kamen weitere Bauteile wie die HS®-Abwasserkontrolle oder die VPC®-Rohrkupplung zum Einsatz. Der Systemcharakter der aufeinander abgestimmten Komponenten des modernene Kanalrohrsystems konnte dabei ebenso überzeugen, wie die einfache und flexible Handhabung der Rohre und Formteile an der Einbaustelle.
Das Wasserhaushaltsgesetz gibt die Richtung ganz klar vor: Niederschlagswasser soll ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen, heißt es in § 55, Abs. 2, des Wasserhaushaltsgesetzes. „Dementsprechend findet bei uns eine Entflechtung des Mischwassersystems statt“, erläutert Dipl.-Ing. Jörg Kuhls, Projektleiter bei den Stadtwerken Leer. Die Sammlung und der Transport des Abwassers erfolgt über ein Kanalsystem, welches aus Gefälle- und Druckrohrleitungen sowie Pumpwerken besteht. Ein Hauptpumpwerk fördert das Abwasser zur Kläranlage Leer, wo eine Behandlung durch mechanische und biologische Reinigungsverfahren erfolgt. „Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Kosten- und Energieoptimierung gewinnt das Trennsystem dabei immer mehr an Bedeutung, da sich der Energieaufwand und die Betriebskosten für die Abwasserbeseitigung reduzieren lassen“, so Kuhls. Überall dort, wo die Straßendecke aufgemacht wird, sind deshalb die Kanalbauer zur Stelle, um die alte Mischwasserkanalisation durch einen entsprechenden Abwasser- und Regenwassersammler zu erneuern. Zumindest da, wo es Sinn macht. Ausgenommen sind in der Regel die Altstadtbereiche, in denen es aus Platz- und Kostengründen einfach nicht zu realisieren ist.
Sukzessive Umstellung
„Erste Baumaßnahmen mit der entsprechenden Systemumstellung fanden vor etwa sechs bis sieben Jahren statt“, erinnert sich Kuhls, der als weiteres Beispiel die Umsetzung des Projektes „Soziale Stadt“ nennt. Im Jahr 2001 wurde die beiderseits der Bahnlinie gelegene Leerer Oststadt als städtebauliches Sanierungsgebiet ausgewiesen und in das bundesweite Förderprogramm „Soziale Stadt“ aufgenommen. Seitdem wurden die Lebens- und Arbeitsbedingungen ebenso wie die Wohnqualität in diesem Quartier nach und nach gesteigert. Im Zuge der geförderten Baumaßnahmen wurden mehrere Straßenzüge auf das Trennsystem umgestellt. Gleiches erfolgte auch in diesem Jahr, etwa bei der Entflechtung der Mischwasserkanalisation und Herstellung einer Regenwasser- und Schmutzwasserkanalisation im Helmsweg und im Esklumer Fährweg.
Überschwemmungen nach Starkregen
Nach Aussage des verantwortlichen Planers Dipl.-Ing. Steffen Seidel vom Ingenieurbüro Börjes GmbH & Co KG war neben den für die Dauer der Nutzung des alten Mischwasserkanals typischen Schadensbilder vor allem eine nicht mehr zeitgemäße hydraulische Dimensionierung der Haltungen ausschlaggebend für die Erneuerung der Kanalisation in den beiden Straßenzügen. „So kam es besonders nach Starkregenereignissen am Tiefpunkt des Helmsweg regelmäßig zu Überschwemmungen“, erklärt Seidel, „und die Anwohner mussten sich öfters mit gefluteten Kellern auseinandersetzen. Abhilfe schafft das neue Trennsystem. In Zukunft werden Regen- und Schmutzwasser getrennt abgeleitet. Während das Abwasser zu den Pumpstationen und über das Hauptpumpwerk in die Kläranlage geführt wird, kann das Regenwasser dem Vorfluter zugeführt werden.
Stabil, sicher und gut verlegbar
Beim Neubau der Sammler setzte die H. Schmidt GmbH Rohre und Formteile aus dem HS®-Kanalrohrsystem von Funke ein. Für die Regenwasser- und Mischwassersammler kamen blaue und braune Rohre in Nennweiten von DN/OD 200 bis DN/OD 400 zur Ausführung. Hierbei handelt es sich um Vollwandrohre aus PVC-U, hergestellt in Anlehnung an die DIN EN 1401-1, jedoch mit erhöhter Wanddicke. „Das HS®-Kanalrohr zeichnet sich durch hohe Stabilität, hohe Sicherheit und gute Verlegbarkeit aus“, erklärt Ewald Michels-Lübben, Fachberater Funke Kunststoffe GmbH. Die Rohre verfügen über eine Mindestringsteifigkeit von 12 kN/m2 und die Formteile sind wandverstärkt (SDR 34). Die Bauteile halten starke Druckbelastungen aus und sind bereits bei Überdeckungen von 0,5 m für Verkehrslasten bis SLW 60 einsetzbar. Neben der Farbgebung, die eine Zuordnung der Leitungen auch viele Jahre nach der Verlegung möglich macht, ist auch die Innengravur erwähnenswert. Axial fortlaufend in einem Winkel von 120° tragen die Rohre einen Schriftzug, der neben dem Namen des Herstellers Angaben zur Ringsteifigkeit und zum Produktionsdatum macht. „Die dauerhafte Prägung ist im Gegensatz zu einer drucktechnisch hergestellten Beschriftung auch noch nach jahrelangem Einsatz gut lesbar“, so Michels-Lübben, der mit der fest eingelegten FE®-Dichtung ein weiteres wichtiges bautechnisches Merkmal des HS®-Kanalrohrsystems nennt. Die Konstruktion sorgt dafür, dass die Dichtung bei der Montage weder herausgedrückt noch verschoben werden kann.
Einfacher Zugang
„Mit blauen und braunen Rohren DN/OD 160 wurden auch die Hausanschlussleitungen bis zur Grundstücksgrenze verlegt“, erläutert Projektleiter Kuhls mit Verweis auf die Satzung, nach der der öffentliche Bereich an der Grundstücksgrenze endet. Hier wurde dann eine HS®-Abwasserkontrolle eingebaut. Sie erlaubt einen schnellen und einfachen Zugang zur Kanalisation im öffentlichen Bereich und auf dem Privatgrundstück, ohne dieses zu betreten. Revisionen, Spülungen, Dichtigkeitskontrollen oder wenn nötig Absperrungen sind jederzeit möglich. Geliefert werden die Abwasserkontrollen im anwender- und einbaufreundlichen Set. Ihr Einbau verläuft schnell und ist denkbar einfach, wie Georg Klinkenborg, Geschäftsführer des ausführenden Unternehmens H. Schmidt GmbH und Polier Matthias Jürgens berichten. Einig sind sie sich auch bei der Beurteilung des mit umfangreichen Zubehörteilen ausgestatteten HS®-Kanalrohrsystems. „Da ist vom Haus bis zum Sammler praktisch alles vorhanden, was der Tiefbauer vor Ort im Leitungsgraben benötigt“, findet Klinkenborg. „Das sorgt für einen schnellen Baufortschritt, denn Stillstände, etwa weil bestimmte Teile fehlen und erst herbei geschafft werden müssen oder über alternative Baulösungen nachgedacht werden muss, kommen im Grunde genommen nicht vor.“ „Und wenn mal etwas fehlt, kann Funke die gewünschten Bauteile schnell liefern“, ergänzt Polier Jürgens.
Zwei Werkstoffe – eine Verbindung
Neben den Rohren und Formteilen machen unter anderem Bauteile wie die VARIOmuffe oder die VPC®-Rohrkupplung die Leistungsstärke und Einsatzvielfalt des modernen Kanalrohrsystems aus. So wurden beispielsweise Hausanschlussleitungen mit dem HS®-Abzweig DN/OD 250/160 45° eingebunden. Er wird ab Werk mit der HS®-VARIOmuffe geliefert. Das Besondere: Das Bauteil verfügt über eine integrierte Kugel, die die Rohrverbindungen in einem Bereich von 0° bis 11° schwenkbar macht. „Für uns bedeutet das schon beim Einbau mehr Flexibilität, aber die Konstruktion ermöglicht es auch, nachträgliche Hausanschlüsse leichter zu realisieren“, so Jürgens. Gleiches gilt für die VPC®-Rohrkupplung, die die Tiefbauer bei der Verbindung der neuen Hausanschlussleitungen aus PVC-U mit bereits vorhanden Rohren in gleichen Nennweiten aber aus anderen Werkstoffen verwendet haben. Genau für diesen Verwendungszweck ist das Bauteil konstruiert. Die Rohrkupplung besteht aus einer Dichtmanschette aus Elastomergummi, einem Fixierkorb aus Kunststoff sowie zwei Edelstahlbändern, die den Verschluss bilden. Werden die Schrauben der Edelstahlbänder bei der Montage entsprechend der Herstellerangaben angezogen, passt sich die Manschette den unterschiedlichen Außendurchmessern der verschiedenen Rohrwerkstoffe stufenlos an.
Nach Fertigstellung der neuen Kanalisation sollten Überschwemmungen nach Starkregenereignissen weitestgehend der Vergangenheit angehören – hierin sind sich die beteiligten Baupartner einig. Ebenso wie in ihrem Urteil über das eingesetzte Kanalrohrsystem, das aufgrund seiner Vielfältigkeit und seiner bautechnischen Eigenschaften zu einem flexiblen und wirtschaftlichen Bauablauf beigetragen hat.
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