Korrosionsschutz für Stahlführungsringe

13.06.2019

Der Stahlführungsring von Vortriebsrohren muss über die gesamte Nutzungsdauer der Rohrleitung die Dichtheit der Rohrverbindungen gewährleisten. Da er erdseitig und (ohne zusätzliche Maßnahmen) auch von innen einer korrosionsfördernden Umgebung ausgesetzt ist, sind zahlreiche Maßnahmen und Vorgehensweisen entwickelt worden, den Korrosionsfortschritt zu verlangsamen oder sogar anzuhalten. --- Von Dr.-Ing. Dietmar Beckmann und Dipl.-Ing. Beate Borchardt, beide S & P Consult GmbH

Mit dem vorliegenden Beitrag sollen die in der Praxis verwendeten Korrosionsschutzmaßnahmen beschrieben und hinsichtlich ihres Einsatzbereiches und ihrer Wirksamkeit bewertet werden.

Der Stahlführungsring hat die wichtige Aufgabe, den Primärdichtungen in den Rohrverbindungen als Widerlager zu dienen und somit auch bei Abwinklungen die Kompression der Dichtprofile im zulässigen Arbeitsbereich zu halten. Während des Vortriebs können insbesondere Führungskräfte zu sehr großen Einwirkungen auf den kreiszylindrischen Stahlring führen, die bis heute statisch nicht gesichert berechnet, sondern lediglich grob abgeschätzt werden können.

Aus diesem Grunde werden in der Regel Stahlführungsringe mit großen Wanddicken eingebaut, die je nach Durchmesser bis zu 12 mm betragen können. Nach Abschluss und Festsetzung des Vortriebs beschränken sich die Einwirkungen auf den Stahlführungsring auf einen geringen Anteil des Erddrucks (radial von außen) und auf den Kompressionswiderstand (Rückstellkraft) der Primärdichtung (radial von innen). Um diese Kräfte aufzunehmen, reicht eine Wanddicke von wenigen Millimetern vollkommen aus, so dass der größte Teil der Wanddicke in der Betriebsphase überflüssig wird und problemlos infolge Korrosion verloren gehen darf, ohne die Nutzbarkeit der Rohrleitung einzuschränken.

Nach Abschluss des Rohrvortriebs mit Stahlbetonrohren bleibt in den Fugen zwischen den beiden Rohrspiegeln stets ein Spalt bestehen, durch den Abwasser bis zur Hauptdichtung und damit auch bis zum Stahlführungsring vordringen kann. Der Druckübertagungsring aus Holz, Span- oder OSB-Platten stellt keine Dichtung dar, da der Druckübertragungsring insbesondere in Kurven vom Betonspiegel abheben kann (klaffende Fuge, s. Abb. 1) und darüber hinaus der Werkstoff im Laufe der Jahre verrottet.

Abbildung 1: Rohrverbindung ohne zusätzlichen Fugenverschluss [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Abbildung 2: Rohrverbindungen mit mitfahrendem Fugenverschlüssen (links Igluprofil, rechts Blockprofil) [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Richtwerte für den Dickenverlust von Stahl infolge Korrosion können der DIN EN 1993-5 [1] entnommen werden. Dort sind in der Tabelle 4 in Abhängigkeit vom angreifenden Medium und von der Einwirkdauer empfohlene Werte für den Dickenverlust zusammengestellt. Dabei hängt das erdseitige Korrosionsmaß sehr stark von der Art und von der Lagerungsdichte des Baugrunds ab und liegt zwischen 0,6 mm und 3,25 mm innerhalb eines Zeitraumes von 50 Jahren und bei nahezu doppelten Werten für 100 Jahre. Eine vollständige Ringraumverfüllung mit einer Zementsuspension wird diese Werte natürlich erheblich vermindern, aber es kann niemals ausgeschlossen werden, dass trotz sorgfältiger Ringraumverpressung Bereiche dauerhaft unverfüllt bleiben.

Abwasserseitig kann nach DIN EN 1993-5 von Wanddickenverlusten infolge Korrosion in der Größenordnung von 2,3 mm nach 50 Jahren und 4,3 mm nach 100 Jahren ausgegangen werden. Bei der überschlägigen Abschätzung des Dickenverlustes ist darüber hinaus zu beachten, dass die Abrostung über 25 Jahre gemessen worden ist und die Werte für höhere Einwirkdauern extrapoliert sind.

In der Praxis lassen sich die folgenden Maßnahmen der Korrosionsverminderung unterscheiden:

  • Verwendung von Stahlführungsringen aus Edelstahl
  • Mitfahrender Fugenverschluss
  • Nach Vortriebsabschluss eingebrachter innerer Fugenverschluss
  • Abdichten des Druckübertragungsmittel
Führungsring aus Edelstahl

Die Verwendung von Edelstahl als Werkstoff für Stahlführungsringe wurde in der Vergangenheit von mehreren großen Netzbetreibern bindend vorgeschrieben. Diese sicherlich zielführende Maßnahme erzeugte allerdings nicht nur erhebliche Mehrkosten bei der Rohrfertigung, sondern machte sich auch bei den Kosten für die gesamte Baumaßnahme bemerkbar, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit des Rohrvortriebs gegenüber der offenen Verlegung sank.

Darüber hinaus war das Handling der Rohre im Werk und insbesondere auf der Baustelle schwierig und aufwändig, da die Bauteile aus Edelstahl nicht mit normalem Schwarzstahl (Bewehrung, Vortriebspresse, Kranhaken etc.) in Verbindung gebracht werden duften. Inzwischen ist die Verbreitung von Edelstahl als Werkstoff für Stahlführungsringe wieder gesunken und durch kostengünstigere Maßnahmen (innere Fugenverschlüsse) ersetzt worden, die dafür sorgen, dass kein Abwasser an den Stahlführungsring gelangen kann.

Mitfahrende Fugenverschlüsse

Recht beliebt bei den Vortriebsfirmen ist die Verwendung eines während des gesamten Vortriebs mitfahrenden inneren Fugenverschlusses, der am Druckübertragungsring aus Span- oder OSB-Platten befestigt wird und meist als „Igludichtung“ bezeichnet wird. Allerdings entwickelt dieses Profil (wie jedes andere Profil auch) seine Dichtwirkung nur in einer begrenzten Spannbreite seiner Verpressung.

Damit beschränkt sich der Einsatzbereich des Igluprofils auf planmäßig gerade Strecken. Bei Kurvenvortrieben ist in der Regel der Unterschied zwischen dem kleinsten und dem größten Fugenspalt zu groß, so dass die Verpressung des Profils entweder zu gering ist, um als Dichtung zu wirken, oder so groß ist, dass das Gummi zerstört wird.

In statischer Hinsicht ist bei der Verwendung des Igluprofils zu beachten, dass der Anteil des Druckübertragungsrings, unter dem sich die Lippe des Profils befindet, in der Statik keinesfalls als Druckübertragungsfläche angerechnet werden darf. Die dadurch verminderte Druckübertragungsfläche muss in der Statik berücksichtigt werden, so dass sich die zulässigen Vortriebskräfte erheblich vermindern. Eine zumindest in statischer Hinsicht bessere Alternative ist die werksmäßig integrierte Blockdichtung, die zwar auch für Kurvenvortriebe nur sehr begrenzt geeignet ist, aber die Druckübertragungsfläche auf den Rohrspiegeln nicht einschränkt.

Abbildung 4: Nachträglich eingebrachter Fugenverschluss (Einschlagdichtung) [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Abbildung 5: Rohrverbindungen mit dichtendem Verfüllmaterial zwischen zwei Schlauchringen (links) und hinter einem Schlauchring rechts [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Nachträglich eingebrachter innerer Fugenverschluss

Insbesondere bei Vortriebsstrecken mit planmäßig (oder auch unplanmäßig) engeren Kurven ist die Verwendung von werksmäßig integrierten bzw. mitfahrenden inneren Fugenverschlüssen nicht möglich. In diesen Fällen muss der Fugenverschluss nach dem Festsetzen des Rohrstranges nachträglich von innen in die Fuge eingeschlagen werden (s. Abb. 3). Dazu wird in jeder Fuge der Verlauf des Fugenspaltes über den Umfang gemessen.

Dann kann individuell für jede Rohrverbindung ein Dichtungsring auf Maß gefertigt werden, der bei starken Fugenabwinklungen aus mehreren Profilen unterschiedlicher Größe zusammengesetzt ist und danach in der richtigen Fuge in der richtigen Orientierung eingeschlagen wird. Das Dichtungsprofil benötigt einen mehrere Zentimeter breiten Bereich in der Fuge, der die Breite des Druckübertragungsrings reduziert.

Wenn der Druckübertragungsring bereits für die Vortriebsphase entsprechend schmaler dimensioniert wird, vermindert sich die Druckübertragungsfläche, und die zulässige Vortriebskraft muss entsprechend abgesenkt werden. Um dies zu vermeiden, kann alternativ der Raum für die Dichtung auch nach Beendigung des Vortriebs freigefräst werden, was allerdings einen zusätzlichen zeitraubenden Arbeitsgang erfordert.

Fuge mit Ringraumverfüllung

Abbildung 6: Rohrverbindung mit Hydraulikschlauch und aufgespanntem Dichtungsschlauch [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Ganz neue Möglichkeiten, den Kontakt des Stahlführungsringes mit Abwasser zu verhindern, eröffnen die Schläuche der Hydraulischen Fuge. Der Hydraulikschlauch selbst stellt zwar aufgrund seiner nicht durchgehend glatten Oberfläche und seiner hohen Shore-Härte keine Dichtung dar, er eignet sich aber als Widerlager für eine Hinterfüllung bzw. Verpressung.

Im Gegensatz zu einem Druckübertragungsring aus Holz oder Holzwerkstoffen muss der Schlauch ohnehin hinsichtlich Durchmesser und Wasserfüllmenge so bemessen sein, dass er auch in engsten Kurven keinesfalls von den Rohrspiegeln abhebt. Eine klaffende Fuge, wie sie bei Fugen mit Druckübertragungsringen aus Spanplatte üblich sind, muss bei hydraulischen Fugen ohnehin vermieden werden. So kann der Ringraum zwischen den beiden Schläuchen einer Doppelringfuge unter Druck mit einem dauerelastischen Material verfüllt werden, das in Verbindung mit den Schläuchen eine sichere Abdichtung darstellt.

Bei einem Einschlauchsystem dient der Schlauch als inneres Widerlager. Als Verfüllmaterial sind ausschließlich dauerelastische Werkstoffe zu verwenden. Da auch sie insbesondere im Kontaktbereich mit dem Beton nur in einer sehr begrenzten Größenordnung Dehnungen aufnehmen können, sollte die Verfüllung erst dann durchgeführt werden, wenn die Anfangssetzungen des Rohrstrangs abgeklungen sind.

Steife Materialien wie beispielsweise Zementmörtel haben zwar die günstige Eigenschaft, auch auf chemischer Basis die Stahlkorrosion zu vermindern, aber sie führen zu einer Versteifung der Rohrverbindung, wodurch das System der gelenkigen Gliederkette nachhaltig gestört wird. Selbst kleine nachträgliche Bodenbewegungen führen dann zu großen Zwangsbeanspruchungen in den Rohren, die über die gesamte Wandung durchgehende und damit dauerhaft wasserdurchlässige Risse verursachen können.

Hydraulische Fuge mit Dichtungsschlauch

Die neueste Entwicklung auf dem Gebiet der inneren Fugenverschlüsse stellt der Hydraulikschlauch dar, auf den ein sogenannter Dichtungsschlauch verrutschsicher aufgespannt wird (s. Abb. 4). Dieser im Gegensatz zum Hydraulikschlauch unbewehrte Schlauch aus einem Elastomer mit deutlich geringerer Shore-Härte stellt eine kraftschlüssige und auch formschlüssige Verbindung zwischen dem harten Hydraulikschlauch und der rauen Betonoberfläche her.

Seine Härte ist so optimiert, dass er einerseits über seine Wandung die Vortriebskräfte unbeschadet weiterleitet, aber andererseits sich so formschlüssig an die Betonoberfläche anschmiegt, dass er die Funktion als Dichtung erfüllt. Abb. 5 zeigt den konventionellen Hydraulikschlauch der Hydraulischen Fuge, in der Mitte den Dichtschlauch und rechts das Gesamtsystem des Hydraulikschlauchs mit aufgespanntem Dichtschlauch.

Zwischen Schlauch und Stahlführungsring entsteht ein Prüfraum, mit dem beide Dichtungen problemlos geprüft werden können. Dieses von der TuSo GmbH entwickelte System eröffnet nun die Möglichkeit, den Stahlführungsring mit einer inneren Dichtung vor Korrosion zu schützen, die bereits in das Druckübertragungsmittel integriert ist und keine zusätzlichen Arbeiten nach Vortriebsende erfordert. Der Schlauch mit aufgespanntem Dichtschlauch dient während des Vortriebs als Druckübertragungsmittel und im späteren Betrieb als Fugenverschluss.

Zusammenfassung
System Abbildung Eignung für Kurvenvortriebe Dichtheit bei nachträglichen Abwinklungen Prüfbarkeit der Primär- und Sekundärdichtung Abminderung der zulässigen Vortriebskraft Aufwand
Igludichtung 2 links nein bedingt vorhanden Sehr groß gering
Blockdichtung 2 rechts bedingt bedingt nicht möglich nein gering
Einschlagprofil 4 ja bedingt vorhanden je nach Verfahren sehr groß
Verfüllung zwischen zwei Schlauchringen 5 links ja fraglich vorhanden nein groß
Verfüllung hinter einem Schlauchring 5 rechts ja fraglich nicht möglich nein groß
Hydraulikschlauch mit Dichtungsschlauch 6 ja gesichert vorhanden nein

sehr gering

 

In der Tabelle 1 sind die verschiedenen Verfahren zur Herstellung einer Sekundärdichtung bzw. eines inneren Fugenverschlusses zusammengestellt und hinsichtlich der wichtigsten Kriterien bewertet. Die Eignung für Kurvenvortriebe richtet sich nach der Fähigkeit der Dichtung, stark unterschiedliche Breiten des Fugenspaltes über den Umfang abzudichten.

Nachträgliche Abwinklungen können selbst die Dichtungen aus Elastomeren nur bedingt tolerieren, da sich dadurch die Verpressung ändert. Die gleichzeitige Prüfung der Dichtheit der Primärdichtung und der Sekundärdichtung ist sehr einfach möglich, wenn dazwischen ein Prüfraum freigehalten wird, der aus dem Rohr heraus über ein Röhrchen in der Rohrwandung mit Druck beaufschlagt werden kann.

Der Aufwand für die Herstellung des inneren Fugenverschlusses ist sehr unterschiedlich. Bei den mitfahrenden Dichtungen sind nur Fugen mit zu großen Abwinklungen nach Vortriebsabschluss nachzubearbeiten, während das Einschlagprofil und die Ringraumverfüllungen umfangreiche Arbeiten nach dem Festsetzen der Rohre erfordern. Im Vergleich dazu erfordert der Hydraulikschlauch mit aufgespanntem Dichtungsschlauch keinerlei nachträgliche Arbeiten. 

Abbildung 7: Konventioneller Hydraulikschauch (links), Dichtungsschlauch (Mitte) und Hydraulikschlauch mit aufgespanntem Dichtungsschlauch (rechs) [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Ob ein innerer Fugenverschluss erforderlich ist und welche Dichtung verwendet wird, muss stets individuell für die aktuelle Vortriebsmaßnahme anhand der genannten Kriterien getroffen werden.

[1] DIN EN 1993-5: Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten - Teil 5: Pfähle ud Spundwände; Deutsche Fassung EN 1993-5:2007 + AC:2009, 12/2010

Dieser Artikel erschien in der B_I Umweltbau Nr. 2 Mai 2019

 

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