Lagerung , Lieferung und Transport von Kunststoffrohrleitungen

23.09.2004

Planung, Bemessung und Konstruktion

Qualitätssichernde Maßnahmen - Die möglichst lange Nutzungsdauer von Polyethylen (PE)-Rohrsystemen liegt nicht nur allein in den Händen des Fachpersonals, sondern wird auch bei Herstellung, Transport und Lagerung des Rohrmaterials maßgeblich beeinflusst. Nach den bekannten Regelwerken werden hohe Ansprüche vorgegeben, die es zu berücksichtigen gilt.

Seit über 40 Jahre gesammelte Erfahrungswerte, geringe spezifische Kosten, dauerhaft niedrige Instandhaltungsaufwendungen sowie die Beachtung aktueller nationaler und internationaler Regelwerke führen zu einem hohen Sachzeitwert von PE-Rohrsystemen. Ständige Optimierungen, sowohl bei den Rohstoffherstellern als auch in der Fertigung, haben dieses Material zu einem hochwertigen, zuverlässigen und langlebigen Werkstoff mit einer Nutzungsdauer von weit über 50 Jahren gemacht.

Diese Nutzungsdauer kann aber nur erreicht werden, wenn schon bei der Werksauditierung von Herstellern und Lieferanten die Inhalte der Regelwerke zum Beispiel des DIN (Deutsches Institut für Normung), des DVGW (Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches) und auch des KRV (Kunststoffrohrverband) berücksichtigt werden. Die anschließenden unerlässlichen, Qualität sichernden Maßnahmen auf der Baustelle (Handling und Lagerung) sind ein weiterer Baustein für niedrige Betriebskosten.
Das Erreichen dieser hohen Nutzungsdauer, die auch für den Energieversorger bei der Erstellung von individuellen Instandhaltungsstrategien nach den DVGW Arbeitsblättern G 401 und W 401 berücksichtigt werden, hängt unter anderem von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel von
- der Verlegetechnik, einschließlich Erdbau,
- der Verbindungstechnik, einschließlich moderner Werkzeuge und Geräte,
- von der Qualifizierung und Weiterbildung des eingesetzten Fachpersonals, z.B. Rohrleger, PE-Schweißer.

Die Grundvoraussetzung für den Bau und den Betrieb betriebssicherer Versorgungsnetze ist aber das Rohr selbst. Die Erzeugung von ?Qualität? beginnt beim Rohrhersteller und ermöglicht die geforderte lange Lebensdauer des Materials.
Dem Hersteller obliegt die Auswahl zugelassener und geeigneter Rohstoffe und die Fertigung durch moderne Extruder. Hinzu kommen chargenbezogene stichprobenmäßige Qualitätskontrollen während der laufenden Fertigung, die materialgerechte Lagerung im Rohrlager und der sichere Transport zum Kunden.
Rohrlagerung: Kleine Schäden - große Wirkung
Die Regelwerke von DVGW, DIN und auch des KRV beschreiben, wie bei Lagerung und Handling von Rohren Be-schädigungen des Materials verhindert werden können, die die gewünschte Lebensdauer herabsetzen. Rohre, Formstücke und andere Komponenten müssen mit Sorgfalt transportiert, gehandhabt und gelagert werden, um sicherzustellen, dass die vorgegebenen Eigenschaften und Bedingungen, die zusätzlich noch von Umgebungseinflüssen beeinträchtigt werden können, in jedem Fall erhalten bleiben und Materialschäden und Verformungen vermieden werden. Die nternationalen Norm DIN EN 12007-2 schreibt vor: "Die sachgemäße Lagerung, Handhabung und Transport der PE-Rohre und Formstücke sollte jederzeit sichergestellt sein, um die festgelegten Einsatzbedingungen zu erfüllen."
PE-Rohre und Formstücke sollten daher so gelagert werden, dass die Möglichkeit von Materialschäden durch Druck, scharfkantige Gegenstände oder direktes Tageslicht auf ein Minimum beschränkt wird. Gerade PE-Rohre sollten auf einer möglichst ebenen Fläche ohne scharfkantige Gegenstände, Steine oder andere hervorstehende Gegenstände gestapelt werden, um Deformationen oder andere Beschädigungen der Rohre auszuschließen. Auch bei der Lagerung auf der Baustelle sollte besondere Sorgfalt walten. Abbildung 1a veranschaulicht ein Beispiel unsachgemäßer Handhabung von Kunststoffrohren: Ein Teil der ehedem auch noch lose und ungesichert auf dem LKW liegenden Einzelrohre wurden nach Entladen gestapelt, um anschließend mit einem kantigen Rohrbündel "gekrönt" zu werden. Auch bei Abbildung 1b ist ersichtlich, dass sich das ausführende Rohrleitungsbauunternehmen beim Entladen der Kunststoffrohre keinerlei Gedanken gemacht hat. Die lose und ungesichert am Straßenrand liegenden Rohre sind dem Straßenverkehr ungesichert ausgeliefert und stellen sogar noch eine Verkehrsgefährdung dar. LKW- Radspuren lassen vermuten, dass die zum Einbau vorgesehene Versorgungsleitung bereits durch Verkehrseinflüsse beiseite geschoben wurden; entsprechende Schleifspuren waren am Rohrmaterial waren bei genauerer Betrachtung erkennbar.
Beim Transport gerader Rohre ist darauf zu achten, dass die Ladefläche des Transportfahrzeugs frei von Nägeln und anderen hervorstehenden Gegenständen ist, die das Rohr beschädigen könnten. Die Rohre sollten ausreichend abgestützt sein, um Biegebelastungen zu begrenzen und Verformungen zu vermeiden. Die Fahrzeuge müssen mit seitlichen Rungen versehen und die Rohre während des Transports sicher befestigt sein. Alle Rungen sollten glattflächig sein und keine scharfen Kanten aufweisen. Die durchgehende Sicherung der Rohre während des Transports beschränkt Verschiebungen zwischen den Rohren und ihren Stützen auf ein Minimum. Abbildung 2 veranschaulicht eine Materialanlieferung, bei der bereits beim Beladen des LKW grundsätzliche Fehler gemacht worden sind. Ein Material schonendes Entladen, insbesondere der Gas- und Wasserrohre, ist in diesem Fall unmöglich.
Auch der KRV beschreibt als Fachverband der Kunststoffrohrindustrie in seinen spezifischen Verlegeanleitungen das sorgfältige Handling sowie den gesicherten Transport und spricht Empfehlungen für das Lagern der Kunststoffrohre auf der Baustelle aus. So sollen Verschlusskappen der Rohre erst kurz vor der Montage entfernt werden, um Verunreinigungen im Rohrinneren schon vor dem Einbau und vor der Montage zu vermeiden - beachtlich insbesondere bei späterer Inbetriebnahme von Wasserversorgungsleitungen. Laut KRV sind daher "sämtliche (geraden) Rohre so zu lagern, dass sie innen nicht verunreinigt werden können. Die Verschlusskappen sind erst kurz vor dem Einbau zu entfernen. Nicht palettierte Rohre sollen nicht höher als 1m gestapelt werden". Dass in der Praxis immer wieder Abweichungen von diesen sinnvollen Empfehlungen anzutreffen sind, zeigt sich auch in Abbildung 3.
Der DVGW als technisch-wissenschaftliche Vereinigung hat in seinen umfangreichen, spartenspezifischen Regelwerken, die den Status der "anerkannten Regeln der Technik" für die Gas- und Wasserversorgung besitzen, auch eindeutige Hinweise zu diesem Thema fixiert.
Unter anderem werden im DVGW-Arbeitsblatt G 472 Gasleitungen bis 10 bar Betriebsdruck aus Polyethylen in Kapitel 4.1 "Rohrtransport und Rohrlagerung" Hinweise zum fachgerechten Be- und Entladen bzw. zum sicheren Transport gegeben: "Um die Rohre vor Beschädigung zu schützen, sind sie mit geeigneten Vorrichtungen auf- und abzuladen und beim Transport gegen schädigende Einflüsse zu sichern. Rohre und Rohrleitungsteile aus Polyethylen sind nach Angabe des Herstellers zu lagern und vor PE-schädigenden Medien zu schützen."
Beim Abladen beim Kunden bzw. auf der Baustelle entstehen auch durch ungeeignete Vorrichtungen Beschädigungen an der Rohroberfläche. Diese meist größeren und unzulässig tiefen Riefen wirken sich schwächend auf die Lebensdauer des Materials aus. Bereiche, die so geschädigt sind, dürfen nicht verbaut werden, sondern sind vollständig herauszuschneiden (Abb. 4).
Trommeln und Ringbunde
Die in den vorherigen Abschnitten getätigten Aussagen und normativen Verweise beziehen sich nicht ausschließlich auf gerade Rohre bzw. Rohrbündel. Sie schließen ebenfalls Ringbund und Rohrtrommel mit ein. Bei der Lagerung dieser Sonder-Rohre ist es erforderlich, einige zusätzliche Bedingungen hinsichtlich der Lagerung und des Transports zu berücksichtigen.
Die Masse der vollen Trommel, die gewöhnlich 1000 bis über 2000 kg erreichen, kann das Material bei einer unsachgemäßen Lagerung punktuell so schädigen, das es negative Auswirkungen auf die Nutzungsdauer des Systems hat. Eine bewährte Lager-Methode ist in Abbildung 5 dargestellt. Durch die Verteilung der Masse auf materialgleiche PE-Rohre, die im Boden eingelassen sind, wird die Punktbelastung am Rohr stark minimiert. Ovalitäten oder auch Kratzer und Riefen, die bei der punktuellen Lagerung auf dem direkten Erdboden entstehen könnten, werden dadurch vermieden. Bei Rohrtrommeln größerer Nennweiten wird der Transport vom Hersteller zum Kunden oder zur Baustelle idealerweise durch spezielle Transporter ausgeführt (Abb. 6). Hier ist auf Grund der enormen Abmessungen und auch der großen spezifischen Masse ein Spezialtransporter zum materialgerechten Transport erforderlich.
Rohrdimension da [mm] Max.Lieferlänge
je Trommel [m]
Bruttogewicht
je Trommel [kg]
90 1600 ca. 4026
110 1100 ca. 4089
125 850 ca. 4103
140 600 ca. 3678
160 500 ca. 3968
180 380 ca. 3832
Tabelle 1: Lieferprogramm von PE-HD-Rohren auf Großtrommeln. Quelle: Fa. Gerudor
Um auch den wirtschaftlichen Vorteil des Polyethylen gegenüber anderen möglichen Netzmaterialien zu nutzen, wurde zusätzlich das System "Großtrommel" in Kooperation von Versorgungsunternehmen und Spezialtiefbauunternehmen entwickelt. Diese Großtrommeln finden ihren Vorteil bei den automatisierten Verlegeverfahren wie Pflug- und Fräsverfahren, bei denen es erforderlich ist, größtmögliche Rohrlängen ohne zusätzliche Verbindungen in kürzester Zeit mit Spezialgeräten zu verlegen. Damit können dem Versorgungsunternehmen ein Optimum an Lieferlängen von PE-Rohren angeboten werden (Tabelle 1). Der Einsatz dieser Großtrommeln ist entsprechend vorzuplanen, da die Anlieferung auf der Baustelle durch spezialisierte Transportunternehmen erforderlich wird, die mit Equipment für Kran- und Trassenentladung ausgestattet sind.
Zusammenfassung und Ausblick
Für Kunststoffrohrleitungssysteme zur Trinkwasser- und Gasversorgung wenden Energieversorgungsunternehmen jährlich beträchtliches Investitionskapital auf - sowohl für die Instandhaltung, als auch zur Erweiterung bestehender Netze. Neben der hohen materialtechnischen Qualität der PE-Rohre, als Ergebnis des Prozesses um die spezielle Rohrfertigung beim Hersteller, kommt es neben dem materialgerechten und sicheren Transport zunehmend auch auf die sachgerechte Lagerung an. Dieser Qualitätsschutz beginnt beim Rohrhersteller und ist danach beim Lieferanten bzw. auf der Baustelle des Versorgers fortzuführen. Vorgaben dazu sind sowohl in den nationalen und internationalen Regelwerken als auch in den spezifischen Regelwerken des DVGW und der Rohrhersteller zu finden.
Wenn diese Qualität sichernden Parameter konsequent berücksichtigt und im Bedarfsfall optimiert werden, kann für moderne PE-Rohrsysteme eine sichere Nutzungsdauer von weit über 50 Jahren prognostiziert werden.
Literatur
- Kunststoffrohr-Handbuch: Rohrleitungssysteme für die Ver- und Entsorgung sowie weitere Anwendungsgebiete (4. Auflage, Essen 2000)
- KRV Einbauanleitung: PE 80 und PE 100 Druckrohre; Trink- und Brauchwasserversorgung außerhalb von Gebäuden, 6. Auflage A 135/99-15
- DVGW Arbeitsblatt G 472: "Gasleitungen bis 10 bar Betriebsdruck aus Polyethylen (PE 80, PE 100 u. PE-Xa) - Errichtung", 8/00
- DIN EN 12007-2, Ausgabe:2000-08 Gasversorgungssysteme - Rohrleitungen mit einem maximal zulässigen Betriebsdruck bis einschließlich 16 bar - Teil 2: Besondere funktionale Empfehlungen für Polyethylen (MOP bis einschließlich 10 bar); Deutsche Fassung EN 12007-2:2000
- GUIDO KANDOLF: "Lagerung und Transport von Kunststoffrohrleitungen", Vortrag zu rbv/DVGW-Informationsveranstaltungen "Kunststoffrohre in der Gas- und Wasserversorgung, Verlängerung zur GW 331", 2004

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