Moderner Werkstoff für Hamburgs Unterwelt

08.07.2015

Sanierung eines Sielbauwerkes mit Flowtite GFK-Rohren - Hamburgs Abwasserkanalisation, erbaut in der Zeit zwischen 1842 und 1910 nach Plänen des englischen Ingenieurs William Lindley, ist das älteste Bauwerk seiner Art auf dem europäischen Kontinent. Die bis zu 4,70 m breiten und 3,85 m hohen Kanäle, in Hamburg als Siele bezeichnet, bilden in der Hansestadt noch heute das Rückgrat der innerstädtischen Kanalisation.

Die Gesamtlänge des Hamburger Sielnetzes beträgt heute ca. 5500 km. Mischwasserüberläufe, die bei Starkregen für Entlastung sorgen, konnten zwar durch das bereits zu Beginn der 1980er Jahre konzipierte Alster-Entlastungsprogramm um mehr als 70 Prozent reduziert werden. Trotzdem kommt es mehrfach im Jahr zu Mischwasserüberläufen in den Isebek-Kanal, der Teil eines beliebten Naherholungsgebietes im Stadtteil Eimsbüttel ist.

Abhilfe schaffen soll das sogenannte Innenstadt-Entlastungsprogramm, das der zuständige kommunale Trinkwasserver- und Abwasserentsorger HAMBURG WASSER seit Oktober 2011 schrittweise umsetzt. Im Rahmen des Bauvorhabens von rund 53 Millionen Euro Volumen entstehen in einer Tiefe von bis zu 30 m mit den neuen Sielen „Wallring“ und „Isebek“  zwei Entlastungsbauwerke, nach deren Fertigstellung auch die Stammsiele saniert werden.

Während die Arbeiten an den Sielen östlich der Alster abgeschlossen sind, wird zurzeit westlich der Alster der zweite Bauabschnitt des Entlastungssieles „Isebek“ aufgefahren. Teil der Gesamtbaumaßnahme, mit deren Ausführung die ARGE Transportsiel Isebek, 2. BA – bestehend aus Michel Bau GmbH & Co. KG und Implenia Bau GmbH – beauftragt wurde, ist die Sanierung einer Haltung, die ein unterirdisch gelegenes Bootshaus mit dem Stammsiel verbindet. Für die Auskleidung des 35 m langen Teilstücks kamen Flowtite GFK-Rohre DN 2000 der Amiantit Germany GmbH zum Einsatz.

Die Rohre zeichnen sich gleichermaßen durch einfache Handhabung beim Einbau sowie hohe Korrosionsbeständigkeit und eine entsprechend hohe Lebensdauer aus – Werkstoffeigenschaften, die bei ihrer Auswahl eine wichtige Rolle gespielt haben: Die im Endlos-Wickelverfahren gefertigten GFK-Rohre entsprechen den Anforderungen der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen für den Bau von Sielen, ZTV - Siele Hamburg.

Schiffbare unterirdische Kanäle

Mit Inszenierungen in 27 Ländern und mehr als 130 Millionen Besuchern gilt „Das Phantom der Oper“ als das erfolgreichste Musical aller Zeiten. In Hamburg wurde es am 29. Juni 1990 erstmals in der „Neuen Flora“ aufgeführt. Mittlerweile haben viele Millionen Zuschauer die Aufführung gesehen, so auch die Szene zum Schluss des zweiten Aktes, in der der Titelheld eine Gondel durch unterirdische Kanäle in Richtung seines geheimen Schlupfwinkels stakt. Was viele Besucher des schaurig-schönen Singspiels nicht ahnen dürften: Unter Hamburgs Straßen gibt es tatsächlich eine Reihe schiffbarer Kanäle. Angelegt wurden sie bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, und zwar für die Stadtentwässerung. Die folgt in Hamburg von jeher eigenen Gesetzmäßigkeiten, angefangen bei der für die Hansestadt typischen Bezeichnung von Abwasserkanälen als Siele, auf die bereits das Vorwort der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen ausdrücklich hinweist.

Unterirdische Bootskammer freigelegt

„Die ältesten Siele in Hamburgs Abwasserkanalisation stammen aus den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts“, erklärt Dipl.-Ing. Bernd Oltersdorf vom Ingenieurbüro Leitungsbau, HAMBURG WASSER. „Ergänzend zu den herkömmlichen Sielen wurden ab dem Jahr 1890 Stauraumsiele gebaut, die als Hauptsammler für Regenwasser und Abwasser dienen. Diese Siele wurden so konzipiert, dass sie tideabhängig bei Flut selbstständig schließen, damit kein Elbwasser ins Sielnetz gelangt und das anfallende Abwasser bis zur nächsten Ebbe im Siel gespeichert werden kann. Dementsprechend sind ihre Durchmesser überdurchschnittlich groß – so groß, dass die Siele sogar mit Booten befahren werden können.“

Tatsächlich wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, zum Beispiel, um die Siele auf Schäden zu kontrollieren oder um ranghohen Politikern und anderen Persönlichkeiten Hamburgs unterirdische Infrastruktur zu zeigen. „Heute zeugen davon noch die Einstiegsschächte, die sich sowohl an den Landungsbrücken als auch an der aktuellen Baustelle im Weidenstieg finden“, so Oltersdorf weiter. Im Zuge der Bautätigkeit haben die Arbeiter der Michel Bau GmbH & Co. KG als einer der Partner der Arbeitsgemeinschaft Transportsiel Isebek, 2. BA eine weitere bauliche Besonderheit freigelegt: eine etwa einen Meter unter Fahrbahnhöhe gelegene, 10 m lange, 3,5 m breite und 5 m hohe Kammer, die offenbar als eine Art unterirdischer Parkplatz für Boote diente, welche man auf einem gemauerten Sockel lagerte.

Nach einem teilweisen Umbau über ein Überlaufwerk wird das Gemäuer zukünftig als Schnittstelle dienen, an welcher die vorhandenen Kanäle mit dem neuen Transportsiel „Isebek“ verbunden werden. Im Zuge der Arbeiten wurde die Verbindung des alten Stammsiels mit der Bootskammer ebenfalls saniert.

Richtungsweisende Anforderungen

„In der Ausschreibung gefordert waren ausdrücklich Rohre aus dem Werkstoff GFK“, erklärt Oltersdorf. Das Material, das dann letztendlich zum Einsatz kommt, muss den Anforderungen der ZTV - Siele entsprechen, die geltende DIN-Normen und Richtlinien ergänzen und auf die speziellen Gegebenheiten der Hansestadt abgestimmt sind. Aber auch über die Stadtgrenzen hinaus genießen die ZTV als konsequente Weiterentwicklung der bereits in den 1920er Jahren entwickelten Sielbauvorschriften einen ausgezeichneten Ruf.

Das „Hamburger Standardwerk“ gilt überregional als richtungsweisend für den Neubau sowie für die Sanierung von Abwasserleitungen und -kanälen. Für Bernd Oltersdorf stellt es eine dynamische Arbeitsunterlage dar, in welche sukzessive die Erfahrungen aus sämtlichen Bauprojekten einfließen – vom ersten Planungsgedanken über die Ausschreibung und Ausführung bis hin zur Bauabnahme. Die Regeln sind damit festgezurrt, und es können nur solche Produkte zum Einsatz kommen, die in einer entsprechenden Liste aufgeführt sind – wie zum Beispiel die Flowtite GFK-Rohre von Amiantit. Klar definiert ist auch das spezielle Harzgemisch, das bei der Herstellung zu verwenden ist, zum Einsatz kommen muss das ungesättigte Polyesterharz ISO-NPG.

Zuschlag für Amiantit

„Das Leistungsverzeichnis forderte außerdem, dass das als Inliner verwendete Rohr selbsttragend sein musste“, führt B. Eng. Philipp Heetlage, Bauleiter bei der Michel Bau GmbH & Co. KG, weiter aus. Im Zuge der Ausschreibung wurden die Angebote verschiedener Hersteller verglichen. Den Zuschlag erhielt nach eingehender Prüfung das Produkt von Amiantit, wobei nach Aussage der Baupartner insbesondere das Gesamtpaket überzeugen konnte, das aus dem für die Einsatzzwecke optimal geeigneten Rohr sowie einer umfassenden Beratung schon im Vorfeld der eigentlichen Arbeiten bestand.

Eine gute Beratung und positive Produkteigenschaften der  eingesetzten Rohre tragen dazu bei, dass eine Sanierungsmaßnahmen zügig umgesetzt werden kann – auch hierin sind sich die Beteiligten einig. „Und hier können die Flowtite GFK-Rohre punkten“, weiß Amiantit-Gebietsleiter Thomas Wede aus Erfahrung. „Die im Endlos-Wickelverfahren gefertigten Rohre zeichnen sich einerseits durch geringes Gewicht und somit leichte Handhabung auf der Baustelle aus, andererseits bieten sie lange Haltbarkeit, ohne dass ein zusätzlicher Korrosionsschutz erforderlich ist“, so Wede. „Die Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Angriff durch biogene Säure, aber auch hervorragende hydraulische Eigenschaften machen die Flowtite GFK-Rohre deshalb zu einer guten Wahl.

In der Breite ging’s um Millimeter

„Vor der Erstellung der großdimensionierten Baugrube – sie diente dazu, den Zugang zur Bootskammer herzustellen und das benötigte Baugerät sowie -material zur Einbaustelle zu transportieren – wurde das Bestandssiel gescannt, um sicherzustellen, das der geplante Einbauquerschnitt realisiert werden konnte“, erklärt Bauleiter Heetlage die Vorgehensweise. Nach dem Einbringen der Bohrpfähle hat ein Bagger die Baugrube Schritt für Schritt auf die gewünschte Tiefe gebracht. Im Anschluss wurde eine Unterwasser-Betonsohle betoniert, die Wasserauflast abgepumpt und die Wand zur Bootskammer abgetragen.

Danach wurde die Sohle des alten, 35 m langen Sielbauwerks gesäubert, eine mittig liegende Trennwand sowie eine höher liegende Sohle abgebrochen, und die gereinigte Sohle mit Auflagepunkten versehen, auf denen die jeweils 3 m langen Flowtite GFK-Rohre DN 2000 abgelegt werden konnten. Das gestaltete sich allerdings als regelrechte Millimeterarbeit, wie sich Bauleiter Heetlage erinnert: „Mit einer lichten Abmessung von 2,58 m stellte die Höhe des gemauerten Profils zwar kein Hindernis dar, die lichte Breite von nur 2,15 m erforderte allerdings Maßarbeit.“

Beim Absenken der Flowtite GFK-Rohre in die Baugrube und beim Weitertransport mit dem Rohrshuttle habe sich das geringe Gewicht der Rohre allerdings ebenso als Vorteil erwiesen wie beim Einzug der Rohre in die Haltung. Nach der Verlegung der Rohre wurde das Verbindungssiel zwischen Hauptsiel und Bootskammer an beiden Enden abgemauert. Im Nachgang soll noch ein Drachenprofil DN 2400 angeschlossen und über ein Bauwerk mit der alten Bootskammer verbunden werden. Der Ringraum ist mit Dämmstoff verfüllt worden, die Verfüllung erfolgte über drei Zugänge in drei Lagen, überschüssige Luft und überschüssiges Wasser wurden über Entlüftungsstutzen abgeleitet.

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