Nachtaktiv im Untergrund - Kanalsanierung durch lichthärtendes Schlauchlining unter der Autobahn A 65
15.08.2005
Zu jedem der 12.000 deutschen Autobahnkilometer gehört mindestens ein Kilometer Abwasserkanal zur Niederschlagsentsorgung. Ein Teil dieser Infrastruktur ist akut sanierungsbedürftig. Was Kanalsanierung unter laufendem Verkehrsbetrieb bedeutet, zeigte jüngst ein Projekt an der A 65 bei Kandel. Innerhalb von 34 Arbeitstagen und -nächten wurden 5,2 Kilometer Betonkanal saniert, davon 3,3 Kilometer durch Installation eines lichthärtenden Schlauchlinersystems durch die Swietelsky-Faber GmbH, Alzey.
Die A 65 führt vierspurig vom Autobahndreieck Ludwigshafen nach Wörth am Rhein. Da für die nächsten Jahre ihre Grunderneuerung geplant ist, wurde im Jahre 2001 durch das LSV Autobahnamt Montabaur als Betreiber der Autobahn eine erste Inspektion der darunter verlegten Beton-Abwasserleitungen DN 300 bis DN 500 veranlaßt. Das zutage tretende Schadensspektrum reichte von Versätzen über Längs- und Querrisse bis hin zu Scherben und defekten Anschlußstutzen. Angesichts dieses Befundes wurde vom Betreiber für den Sommer 2005 die Sanierung eines 5,2 Kilometer langen Streckenstücks der A 65 im Bereich Kandel eingeplant.
Innerhalb von nur 72 Stunden nach der Inspektion erstellte dann die Swietelsky-Faber GmbH, Alzey, ein umfassendes Sanierungskonzept. Eine grabenlose Sanierungsweise war zwingend, weil ein offener Austausch des durchgehend unter dem sehr schmalen Mittelstreifen gelegenen Kanals zu wochenlange Verkehrsbehinderungen geführt hätte. Kern der Sanierungskonzeption war die Technik des Schlauchlining ganzer Haltungen mit dem lichthärtenden Berolina Liner System. In nicht per Schlauch ausgekleideten Streckenabschnitten sollten partielle Reparaturverfahren zum Einsatz kommen, die durch die Ehnes GmbH, Germersheim, ausgeführt wurden.
Letztlich kamen zur Anwendung:
- 3.283 Meter lichthärtendes Schlauchlining (Berolina Liner)
- 53 Glasfaser-Kurzliner
- 200 Fräsroboter-Einsatzstunden für Vor- und Nacharbeiten
- 153 Stutzensanierungen insgesamt; davon
- 55 Stutzensanierungen durch Verpressung von Epoxydharz
- 81 Stutzensanierungen durch Auskleidung mit epoxydharzgetränktem Glasfasergewebe nach dem sogenannten Hütchen-Verfahren.
Das Schlauchlining-Verfahren nach dem Berolina Liner System basiert auf nahtlosen mehrlagigen Glasfaserschläuchen, die mit einem photoreaktiven UP-Harz-System getränkt werden. Die jeweils auf Länge und Nennweite des zu sanierenden Kanals hin konfektionierten Schläuche bestehen aus parallel überlappenden Bahnen von Glasfasermatten. Durch das Konstruktionsprinzip der Überlappung "loser" Glasfaserbahnen ist das Berolina Liner System sehr flexibel gegenüber Querschnittsveränderungen im Kanal. Die Schläuche wurden für jede Haltung maßgefertigt, in der Produktionsanlage mit UP-Harz getränkt und in einer lichtundurchlässigen Transportverpackung zur Baustelle gefahren. Ein Lichtschutz bei Transport und Installation ist wichtig, da das photoreaktive UP-Harz auf UV-Licht in kürzester Zeit mit irreversibler Aushärtung reagiert; beim Einbau auf der A 65 relativierte sich dies jedoch, da mit Ausnahme eines einzelnen Tageseinsatzes die Liner ausschließlich nachts eingezogen wurden.
Aus der Transportkiste heraus wurde der Schlauch über den geöffneten Revisionsschacht in ganzer Länge in die Leitung eingezogen. Dort wurde er beidseitig verschlossen und durch Druckluft so aufgestellt, dass er sich der Rohrwand anformte. Der noch ungehärtet im Rohr stehende Schlauch wurde für wenige Minuten einseitig geöffnet, um einen UV-Lampenzug mit Abstandhaltern einzusetzen und an ein Strom- und Datenkabel anzuschließen. Erneut verschlossen, beaufschlagte man den Schlauch mit 0,5 bar Luftdruck, die ihn faltenfrei an die Wand des schadhaften Rohrs pressten. Für die Aushärtung des Schlauchs zum einsatzfertigen Liner sorgte die vom 8 x 400 Watt starken Lampenzug emittierte UV-Strahlung. Für eine 150 Meter lange Leitung DN 300 dauert dieser Vorgang etwa 300 Minuten. Unmittelbar nach Entfernen von Lampen und Absperrkörpern und Abkühlung des Liners waren die Kanäle prinzipiell wieder einsatzbereit. Allerdings wurden in Anschluss an die Sanierung die Zuläufe wieder aufgefräst, um die Funktionsfähigkeit des sanierten Leitung sicher zu stellen. Dazu waren 114 Robotereinsätze nötig.
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