Querung des Silokanals in Brandenburg ?
18.10.2004
Vortrieb von Leitungen
Horizontal-Directional-Drilling für eine Abwasserdruckleitung DN 700 Im Zuge des Ausbaus der Unteren Havel Wasserstrasse in Brandenburg wurde der Havelkanal bei Stromkilometer 61,2 mittels gesteuerter Horizontalbohrtechnik gequert. Über eine Bohrlänge von 181 m wurde ein Abwasserdruckrohr aus PE 100-800 x 58,8 mm-SDR 13,6 problemlos installiert und ersetzt heute den parallel gelegenen, abgängigen Stahlrohrdüker.
Im Baulos 3 (Stromkilometer 59,1- 61,1) umfasst der Ausbau folgende Teilleistungen:
- Streckenausbau des Silokanals entsprechend den Anforderungen an die Wasserstraßenklasse Vb des Klassifizierungssystems für Europäische Binnenwasserstraßen für einen erweiterten Kanalquerschnitt (Verbreiterung und Vertiefung des Kanals). Die Verbreiterungsseite ist im Wesentlichen das Nordufer.
- Ufersicherungen für die erforderlichen Kanalquerschnitte künftiger Regelschiffe.
- Anlegen von Betriebswegen.
Mit dem Kanalausbau sind die vorgeschriebenen Überdeckungen nicht mehr vorhanden und es wurde eine Anpassung an das neue Ausbauprofil erforderlich. Der Betreiber der Abwasserdruckrohrleitung, die Wasser- und Abwassergesellschaft Brandenburg an der Havel (BRAWAG GmbH), musste dementsprechend reagieren und beauftragte die Planung eines neuen Dükerbauwerkes.
Anlagen und örtlichen Gegebenheiten
Der vorhandene Düker besteht aus einem Stahlrohr DN 700 und kreuzt den Silokanal bei Kanalkilometer 61,2. Die horizontale Länge des Dükerbauwerkes beträgt 61,7 m. Am nördlichen Ufer weist der Düker nach dem Kanalausbau keine ausreichende Deckung mehr auf. Vor und hinter dem Düker befinden sich Armaturen und Entlüftungen, die es gestatten, den neuen Düker mit relativ kurzen Unterbrechungen einzubinden. Im Kreuzungsbereich verläuft parallel zum Kanal eine betriebliche Gleisanlage mit drei Gleissträngen. Die vorhandene Abwasserdruckleitung kreuzt diese Anlage in einem Stahlschutzrohr DN 1200.
Rohrmaterial
Gemäß Ausschreibung wurde als Rohrmaterial Polyethylen spezifiziert. Aufgrund der nicht gerade unproblematischen Baugrundverhältnisse (siehe unter Punkt "Geologie und Schichtenaufbau") fiel die Wahl auf ein so genanntes Mantelrohr. Das DVGW-Arbeitsblatt G472 lässt für Abträge an PE-Rohren nur einen Wert von 10 Prozent der Mindestwandstärke zu. Zum Einsatz kam aus vorgenannten Gründen das SLM"2.0 Rohr der Firma Egeplast. Der Schutzmantel, aus verstärktem Polypropylen gefertigt, schützt gegen Kratzer und Riefen von außen.
Die Härte des Rohrmantels resultiert aus einer besonderen Mischung des Materials - in das Polypropylen werden mineralische Mikropartikel eingearbeitet, die deutlich weniger Abrieb und Verschleiß zulassen. Die Ritzfestigkeit dieses Rohres wird z.B. gegenüber dem Werkstoff PE 100 auf das dreifache gesteigert.
Die hydraulischen Kennwerte sowie die zu übertragenden Zugkräfte bestimmten die geometrischen Daten wie folgt: Abwasserrohr SLM"2.0:
- PE-HD, PE 100 - DIN 8074/75
- 800 x 58,8 mm (SDR 13,6)
Die Konstruktionsoberkante des Dükers musste mindestens 7,0 m unter vorhandener fester Sohle bzw. unter geplanter Ausbaussohle (NN + 23,75) liegen (Zeichnung 1). Die Bohrung konnte auf Grund der vorgegebenen Einbindepunkte nicht in andere Tiefen und Baugrundschichten gelegt werden. Der Rohrstranglagerung verdiente besondere Aufmerksamkeit, da diese nicht wie üblich in Verlängerung der Bohrachse auszulegen war, sondern parallel zur auf der 7m höher liegenden Bundesstrasse B1 aufgelegt werden musste.
Geologie und Schichtenaufbau
Der Baugrund wurde im Bereich der Gewässerkreuzungen durch 2 Kernbohrungen und 2 schwere Rammsondierungen (DPH) zur Ermittlung der Lagerungsdichte bzw. der Konsistenz des anstehenden Bodens erschlossen. Die Beurteilung des Baugrundes wurde von dem Baugrund-Ingenieurbüro Heller & Schreiber GmbH vorgenommen. Der geotechnische Untersuchungsbericht kommt zu folgenden Aussagen zum Schichtenaufbau:
- 1 - 3 m
Auffüllung aus Sand mit geringen Fremdbestandteilen - 3 - 5 m
Enggestufte Mittelsande mit örtlichen Kieseinlagerungen - 5 - 12 m
Wechsellagerung zwischen Sanden (kiesig, steinig) und Geschiebemergel - 12 m
Massives Geschiebemergelpaket
Auffüllung
- Zusammensetzung: Mischung aus Fein-, Mittel- und Grobsand
- Kurzzeichen nach DIN 4023: Bodenart: fS, mS, gS Beimengung: s, g, h
- Kurzzeichen nach DIN 18196: A (SE)
- Lagerungsdichte: locker - mitteldicht
- Zusammensetzung: Mischung aus Fein-, Mittel- und Grobsand, mit kiesigen, steinigen, teils schluffigen Beimengungen
- Kurzzeichen nach DIN 4023: Bodenart: fS, mS, gS Beimengung: g, x, u
- Kurzzeichen nach DIN 18196: SE, SW, SU, SU*
- Lagerungsdichte: mitteldicht, D = 0,3...0,4
- Zusammendrückbarkeit: gering
- Zusammensetzung: sandiger, toniger Schluff mit Kiesund Steineinlagerungen
- Kurzzeichen nach DIN 4023: Mg [U, s, t,x]
- Kurzzeichen nach DIN 18196: TL/UL
- Konsistenz: halbfest bis fest
- Plastizität: TL leicht plastisch, UL ohne feststellbare Plastizität
- Zusammendrückbarkeit: sehr gering
Die im Bereich des Silokanals angetroffenen Bodenverhältnisse ließen den Einsatz des gesteuerten Bohrverfahrens zu. Der zu durchörternde Mergel ist in die Bodenklasse LBN 3/S1 (DIN 18319) bzw. gemäß der DIN 18300 in die Bodenklasse 4/5 einzuordnen. Die recht hohe Festigkeit dieser Schicht, die Drucksondierung ergab Schlagzahlen im Bereich von 30-40 Schlägen/10 cm, ließ jedoch keine sehr hohen Vortriebsgeschwindigkeiten erwarten.
Projektdurchführung
Rohrstrangerstellung
Der 170 m lange Rohrstrang wurde parallel zur Bundesstraße B1 vorgestreckt und auf Rohrrollen mit einem Abstand von 10 m abgelegt. Mit einer PESchweißmaschine DN 1000 wurden die einzelnen Rohrabschnitte gemäß DVS 2207 und den Herstellervorgaben verschweißt. Anschließend erfolgte die Verbindung der einzelnen Ortungsdrähte sowie die Nachisolierung der Schweißnahtbereiche mit Densolan ES 35 in Verbindung mit der Spachtelmasse Densolit HK 7. Vor Einzug des Rohrstranges erfolgte abschließend eine Druckprüfung gemäß DIN EN 1610.
Die Bohrung wurde mit einem so genannten MIDI-Bohrgerät (Abb. 11) durchgeführt. Das Gerät besitzt eine Rückzugskraft von 600 kN. Auf dieser Maschine werden 4 1/2" Bohrgestänge mit einer Länge von 9,3 m gefahren. Der zulässige Biegeradius beträgt 115 m. Besondere Schwierigkeiten mussten im Startbereich der Bohrung bewältigt werden. Eine Trinkwasserleitung DN400, eine Abwasserdruckleitung DN700 sowie eine Wasserleitung DN1000 mussten unter- bzw. überquert werden.
Zur Rückführung der Bohrspülung wurde zu Beginn der Baumaßnahme eine Rückführleitung unter dem Silokanal verlegt. Diese Vorgehensweise machte den Transport der austretenden Suspension mittels Saugwagen vom Austrittspunkt der Bohrung zur Wiederaufbereitungsanlage überflüssig. Die im Vorfeld der Baumaßnahme durchgeführten Berechnungen ließen eine maximale Zugkraft von 420 kN erwarten. Die maximal während der Bohrung gemessene Zugkraft betrug 350 kN. Die weiterhin ermittelten Größen wie z.B. die Bohrspülungsdrücke ließen bei der geplanten Rohrüberdeckung keine Probleme (etwa Spülungsdurchbrüche) erwarten.
Pilotierung mittels Jetbit
- Vortriebsgeschwindigkeit: ca. 25 m/h
- Vorschubskraft: ca. 250 kN (Mittelwert)
- Bohrspülungsmenge: ca. 400 l/min
- Bohrspülungsdruck: ca. 50 bar (maximal)
Aufweitung mittels Flycutter auf 18"
- Vortriebsgeschwindigkeit: ca. 30 m/h
- Zugkraft: ca. 50 kN (Mittelwert)
- Drehmoment: ca. 7 kNm
- Bohrspülungsmenge: ca. 1400 l/min
- Bohrspülungsdruck: ca. 50 bar (maximal)
- Vortriebsgeschwindigkeit: ca. 30 m/h
- Zugkraft: ca. 40 kN (Mittelwert)
- Drehmoment: ca. 12 kNm
- Bohrspülungsmenge: ca. 1400 l/min
- Bohrspülungsdruck: ca. 40 bar (maximal)
- Vortriebsgeschwindigkeit: ca. 15 m/h
- Zugkraft: ca. 70 kN (Mittelwert)
- Drehmoment: ca. 20 kNm
- Bohrspülungsmenge: ca. 1400 l/min
- Bohrspülungsdruck: ca. 40 bar (maximal)
- Vortriebsgeschwindigkeit: ca. 36 m/h
- Zugkraft: ca. 350 kN (maximal)
- Drehmoment: ca. 15 kNm
- Bohrspülungsmenge: ca. 800 l/min
- Bohrspülungsdruck: ca. 30 bar (maximal)
Der Realisierung des Projektes "Unterquerung der Bundeswasserstraße Silokanal (UHW)" wurde von allen Beteiligten, vom Auftraggeber über das Planungsbüro bis hin zum ausführenden Bohrunternehmen, zu jeder Zeit mit höchstem Engagement betrieben und zum Erfolg gebracht. Ein solides Baugrundgutachten, der Einsatz von korrekt ausgewähltem Equipment und die Kompetenz der Bohrmannschaft waren wichtige Voraussetzungen für das technische Gelingen dieser anspruchsvollen Bohraufgabe. Die Sicherheitsinteressen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie die Forderungen anderer Genehmigungsbehörden sind frühzeitig in die Planungsphase eingeflossen und zur Zufriedenheit aller Beteiligten umgesetzt worden.
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