Wärmegewinnung aus Abwasser - Praxiserfahrungen in der Schweiz - Teil 2
17.01.2006
Fortsetzung des Artikels vom November 2005
Provisorien
Beim Einbau eines Wärmetauschers in eine bestehende Kanalisation muss vorab sichergestellt werden, dass das anfallende Abwasser auch während der Bauphase abfliessen kann. Aus diesem Grund müssen geeignete Provisorien oder Umleitungen erstellt und betrieben werden. Da die Bauzeit für den Einbau des Wärmetauschers in den meisten Fällen nur 5 bis 10 Arbeitstage dauert, sind möglichst einfache Lösungen anzustreben, die an die örtlichen Gegebenheiten angepasst sind. Das kann zum Beispiel bei kleineren Kanälen eine mobile, temporäre Pumpleitung sein. Bei grösseren Kanälen mit grossen Abflussmengen kann der Kanal in der Mitte mit einer Trennwand aufgeteilt werden, so dass auf der einen Seite das Abwasser abfliessen kann, während auf der anderen Seite der Wärmetauscher eingebaut wird.
Sowohl für den Einbau als auch für Wartungs- und Unterhaltsarbeiten während des Betriebs muss für eine einfache und sichere Zugänglichkeit zum Wärmetauscher sowie den Vor- und Rücklaufleitungen gesorgt werden. Bei Neubauten sollten spezielle Montageöffnungen bereits bei der Planung vorgesehen werden. Auch beim Einbau in bestehende Kanäle sollten spezielle Montageöffnungen erstellt werden (evtl. Bau eines zusätzlichen Schachtes). Mit dem Einbau eines Wärmetauschers wird damit unter anderem auch für eine bessere Zugänglichkeit zur Kanalisation gesorgt, was der Werterhaltung dient.
Der Einbau eines Wärmetauschers lässt sich gut kombinieren mit der Sanierung eines betreffenden Kanalabschnitts. Mit dem Wärmetauschereinbau geht die Ausbesserung der Kanalsohle einher. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann von gleichzeitiger Werterhaltung der Kanalisation gesprochen werden. Muss ein Kanalabschnitt so oder so im Rahmen von Projekten der Entwässerungsplanung saniert, erneuert oder ersetzt werden (Massnahmen Entwässerungsplanung), kann der Wärmetauschereinbau kostengünstig geplant und realisiert werden (Kostenteiler zwischen Kanalbetreiber und Wärmenutzer).
Die regelmässige Spülung eines Wärmetauschers hat einen positiven Effekt auf dessen Leistung. Dies haben wie bereits oben beschrieben die Resultate von Untersuchungen an der EAWAG gezeigt [5]. Eine häufige Reinigung des Wärmetauschers und damit die Verhinderung oder Verminderung von Ablagerungen wirkt sich also positiv auf die Wärmetauscherleistung und damit auf die Gesamtleistung einer Abwasser-Wärmepumpenanlage aus. Bei Wärmetauschern, die von einer starken Verschmutzung betroffen sind, kann eine kontinuierliche Spülvorrichtung vor dem Kanalabschnitt mit dem Wärmetauscher die Wärmetauscherleistung im Jahresdurchschnitt vergrössern. Die Verschmutzung ist abhängig von der Abwasserzusammensetzung und den hydraulischen Verhältnissen. Eine qualitative und quantitative Abschätzung oder Berechnung der zu erwartenden Verschmutzung bei der Planung ist sehr schwierig und komplex und damit nur mit grossem Aufwand durchführbar. Für die kontinuierliche Kanalspülung gibt es auf dem Markt geeignete Systeme für kleine und grosse Kanäle. Dabei wird die Technik der Schwallspülung mit Abwasser angewendet (ohne Fremdenergiebedarf). Es ist auch möglich, mittels fixer Pump-Einrichtungen mit Brauchwasser automatisiert zu spülen. Alternativ zu fix installierten Spülvorrichtungen kann auch eine periodische Reinigung durch eine externe spezialisierte Kanalreinigungsfirma in Betracht gezogen werden.
Leitfaden für Inhaber, Betreiber und Planer von ARA und Kanalisationen
Ein wichtiger Punkt beim Bau von Abwasserwärmenutzungsanlagen sind wie bereits erwähnt unter Anderem die Auswirkungen auf die Abwasserreinigung. Der Betrieb der ARA darf durch die Wärmegewinnung aus dem Abwasser nicht negativ beeinflusst werden. Aus diesem Grund hat die Aktion "Energie in Infrastrukturanlagen" von EnergieSchweiz im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE) zusammen mit dem VSA und der EAWAG einen Leitfaden für Inhaber, Betreiber und Planer von ARA und Kanalisationen erarbeitet [5].
Forschungsprojekt "Wärmegewinnung aus Abwasserkanälen"
Von Energie in Infrastrukturanlagen und der Ryser Ingenieure AG wurde in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Institut für Unterirdische Infrastruktur IKT (Gelsenkirchen) das Forschungsprojekt "Wärmegewinnung aus Abwasserkanälen - Entwicklung eines Anforderungskataloges für Kläranlagen- und Kanalnetzbetreiber gestützt auf Praxistests mit Wärmetauschern" im Auftrag des MUNLV (Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen) bearbeitet.
Energie in Infrastrukturanlagen
Ernst A. Müller
Lindenhofstrasse 15
CH-8001 Zürich
Tel. +41 1 226 30 90
Fax +41 1 226 30 99
e-mail: energie@infrastrukturanlagen.ch
[1] Elektra Birseck Münchenstein (EBM) u. A.: "Wärmeversorgung Binningen AG - Wärmenutzung aus Abwasser", Projekteingabe "Energy Globe" 2002
[2] Dietler Martin, Elektra Birseck Münchenstein (EBM), i. A. des Bundesamtes für Energie: "Abwärmenutzung aus bestehendem Schmutzwasserkanal in Binningen - Energiebilanz und Betriebsverhalten im Jahr 2003", Schlussbericht, Februar 2004
[3] Längin Eduard, Elektra Birseck Münchenstein (EBM), i. A. des Bundesamtes für Energie: "Abwärmenutzung aus bestehendem Schmutzwasserkanal in Zwingen - Energiebilanz und Betriebsverhalten im Jahr 2000", Schlussbericht, Juni 2001
[4] Businger Ewald, Energie Freiamt AG (EFA), i. A. des Bundesamtes für Energie: "Abwärmenutzung aus der ARA Muri - Betrieb bivalenter Wärmezentralen mit Nahwärmenetzen", Schlussbericht, Dezember 2001
[5] Kobel Beat, Buri René, Ryser Ingenieure AG Bern, Energie in Infrastrukturanlagen, i. A. des Bundesamtes für Energie: "Wärmenutzung aus Abwasser - Leitfaden für Inhaber, Betreiber und Planer von Abwasserreinigungsanlagen und Kanalisationen" (gratis download unter www.infrastrukturanlagen.ch)
René Buri, Dipl. Umweltingenieur
Beat Kobel, Dipl. Bauingenieur / Dipl. Betriebswirtschaftsingenieur
Ryser Ingenieure AG
Engestrasse 9
CH-3000 Bern 26
Tel. +41 31 301 65 11
Fax +41 31 301 87 52
E-mail:rene.buri@rysering.ch
E-mail: beat.kobel@rysering.ch
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