Wirtschaftsfaktor Regenwassernutzung - Jahresumsatz mit Zisternen, Pumpen, Steuerungstechnik und Installation wächst auf 340 Millionen Euro
25.01.2006
Regen ist mehr als nur schlechtes Wetter. Niederschläge können sogar strahlende Gesichter auslösen. Sie haben immerhin für einen Wachstumsschub in der Baubranche gesorgt und viele Betriebe über Wasser gehalten. Mit der Regenwassernutzung lassen sich zwischenzeitlich nämlich beachtliche Auftragsvolumen erzielen, wie eine statistische Untersuchung der Mall GmbH, Donaueschingen, herausfand.
Jeder dritte Neubau (35%) in Deutschland wurde in 2005 mit einem Regenspeicher ausgerüstet. "Das ist, gemessen an der ökologischen und ökonomischen Bedeutung der Regenwassernutzung, noch viel zu wenig", betonte Architekt Dipl.-Ing. Klaus Werner König aus Überlingen, ein ausgewiesener Regenwasserspezialist, "ich sehe noch große Potenziale in ganz Deutschland."
Der Gesamtbestand an Regenspeichern in Deutschland wird aktuell auf 1,5 Mio. Stück geschätzt. Davon entfielen 60 Prozent auf die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, 30 bis 35 Prozent auf Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein und 5 bis 10 Prozent auf die neuen Bundesländer mit Berlin. In 2005 kamen rund 80.000 Zisternen aus Beton und Kunststoff hinzu, darunter 2/3 in Neu- und 1/3 in Altbauten.
Modernisierung im Bestand
Regenwasserexperten sehen gute Wachstumschancen in der Nachrüstung, in Großanlagen und im Export. "Wir starten eine breite Marktoffensive", so fbr-Referent Dietmar Sperfeld im Namen der "Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung" (fbr, Darmstadt), es sei ein erklärtes Ziel, den Absatz der Regenwasserspeicher auf durchschnittlich 100.000 Stück pro Jahr zu steigern. "Wir wollen neue Marktanteile vor allem bei der Modernisierung im Bestand erzielen", so Sperfeld.
Es sei Aufgabe der Verbandskampagne, die Handwerker zurückzugewinnen als Multiplikatoren für die Regenwassernutzung, die nicht nur bei Neu-, sondern auch bei Altbauten sinnvoll und zweckmäßig sei. "Wenn die Regenwassernutzung ins Modernisierungsprogramm aufgenommen wird, dann können wir auch den Zisternenabsatz signifikant steigern", prophezeite die Fachvereinigung fbr.
"Regen bringt Segen", versicherte Markus Böll, fbr-Vorstandsmitglied und Leiter Vertrieb/Marketing der Mall GmbH, und konkretisierte: "Wir alle, Verband, Handel, Handwerk, Bauindustrie und Behörden, müssen mehr über ökonomischen und ökologischen Nutzen der Regenwassernutzung aufklären und für Investitionsimpulse in der Regenwassernutzung für öffentliche und private Neu- und Altbauten sorgen."
Zahlreiche Städte und Gemeinden haben auf die vermehrte Regen-wassernutzung schon reagiert und die gesplittete Abwassergebühr eingeführt. Wer mehr Regenwasser in Haushalt und Garten nutzt und deshalb weniger Trinkwasser verbraucht und gleichzeitig weniger vom Dach direkt in die Abwasserkanäle einleitet, der spart doppelt. Das heißt, dem stellt die Kommune eine günstigere Gebührenrechnung aus. Das gilt bundesweit schon für neun von zehn Haushalten, listete unlängst die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) auf.
Zahlen der Mall-Studie "Regenwassernutzung in Deutschland" | |
---|---|
Bestand an Regenspeichern | 1,5 Mio. Stück |
Regionale Aufteilung | 60%: Baden-Württemberg,Bayern,Rheinland-Pfalz,Saarland 30 bis 35%: Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein |
Neuanlagen in 2005 | 70.000 - 80.000 Stück Zisternen, davon 50 % aus Beton 50 % aus Kunststoff 70% in Neubauten 30% Nachrüstung in Altbauten |
Gesamtumsatz 2005 | 340 Mio. Euro bei Herstellern und im Handwerk, |
Arbeitsplätze | 4000-5000 Beschäftigte in Produktion und Installation |
Frischwasserpreis | 1,77 Euro/m³ in 2004 |
Abwassergebühren | 2,14 Euro/m³ in 2003 |
Trinkwassereinsparung | ca. 75 Mio. m³ pro Jahr |
Einsparpotenzial durch Regenwassernutzung | ca.300 Mio. Euro |
Für Garten, Klo und Waschmaschine
Mit einer aktiven Bewirtschaftung bzw. Nutzung von Regenwasser könnten Kommunen und Privatleute viel Geld verdienen. Wenn Regenwasserbewirtschaftung professionell betrieben werde, dann ent-laste sie zunächst die Stadtkasse und später die Privatschatulle der Bürger, weil die Kommunen auf den Bau von teuren Kanälen und Regenrückhaltebecken verzichten und ihre Gebühren senken könnten, erläuterte Böll. Architekt Dipl.-Ing. Klaus Werner König aus Überlingen, der sein Fachwissen in seinem Ratgeber "Regenwasser – dezentral bewirtschaften" und im Handbuch "Regenwassernutzung von A-Z" für Planer, Handwerker und Bauherren zusammengefasst hat, sieht die dezentrale Nutzung und Bewirtschaftung von Regenwasser als die zentrale Umweltaufgabe in den nächsten Jahren. Überall dort, wo Regenwasser für die Gartenbewässerung oder die Klospülung genutzt werde, komme es zu beträchtlichen Einsparungen bei den Gebühren für Trink- und Abwasser.
Wer Regenwasser als Betriebswasser nutzt und für die Versickerung auf dem eigenen Grundstück sorgt, der kann seinen teuren Trinkwasserverbrauch und seine abgabenpflichtige Abwassermenge um 40 bis 60 Prozent verringern und spürbar sparen. Der durchschnittliche Wasserpreis lag 2004 bei 1,77 Euro/m³ und die Abwassergebühr 2004 im Durchschnitt bei 2,14 Euro/m³.
Die Marktanalyse von Mall bezifferte das Einsparungspotenzial auf 75 Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr. Damit würden die Grundwasservorräte geschont, der eigene Geldbeutel finanziell und das öffentliche Kanalnetz hydraulisch entlastet. Zusammengerechnet könnten die bundesdeutschen Privathaushalte mit der Regenwassernutzung gut und gerne 300 Millionen Euro bei Wasser- und Abwassergebühren einsparen. Urteil der Experten: "Eine Regenwasseranlage rechnet sich auf jeden Fall!"
Land – reich an Niederschlägen
Das Volumen einer Regenwassernutzungsanlage errechnet sich aus dem täglichen Regenwasserverbrauch und dem Regenwasserertrag vom eigenen Hausdach. Die Amortisationszeit einer Regenwasser-Nutzungsanlage richtet sich nach regionalen Bedingungen (Gebühren für Frisch- und Abwasser, öffentlicher Zuschuss). Die Experten empfehlen ohne Wenn und Aber die Anschaffung einer Regenwasseranlage. Da komme jeder auf seine Kosten.
Nicht nur dank der Qualitätskomponenten (Zisterne, Filter, Leitungen), die über eine Lebensdauer von vielen Jahrzehnten verfügen, sondern auch wegen der reichen Niederschläge in Deutschland. Die mittlere Niederschlagsmenge beträgt etwa 830 mm/Jahr. Im Einzelnen reicht sie von 476 mm in Halle über 933 mm in Freiburg bis hin zu 1008 in Siegen. Im Durchschnitt regnet es in den neuen Bundesländern um 50 Prozent weniger als in den Mittelgebirgen West- und Süddeutschlands.
In Alpennähe steigen die Regenmengen auf 2000 mm/Jahr.Regenwasser ist nach übereinstimmender Expertenmeinung überall dort einsetzbar, wo keine Trinkwasserqualität erforderlich ist. Es wird mittlerweile zur Gartenbewässerung und WC-Spülung, aber auch zum Wäschewaschen genutzt und stellt nach gängiger Meinung "kein hygienisches Risiko für die Nutzer" in privaten oder öffentlichen Gebäu-den dar. In der Waschmaschine sorgt das weiche Regenwasser sogar für einen bis zu 50 % reduzierten Waschmittelverbrauch. Es spart Waschmittel, schützt die Waschmaschine vor Kalk und schont die Umwelt vor zu vielen Tensiden. Darüber hinaus können bei der Toilettenspülung durch Regenwasser Kalkränder vermieden werden.
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