Deutsche Wasserwirtschaftler formulieren ihre Erwartungen an die Politik

23.09.2005

Der Bund in Deutschland braucht mehr Kompetenzen im Wasserbereich, wenn EU-Recht fristgerecht und einfach in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Der Abfallbereich ist zum Teil überreguliert. Dies muss bei der Novellierung der EU-Abfallrichtlinie berücksichtigt werden. Der Erhaltung der Infrastruktur im Wasserbereich – zum Beispiel Anlagen zum Hochwasserschutz, Abwasserkanalisationen, Kläranlagen – muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Insbesondere sollten mehr Anreize zur Sanierung der Kanalisationsnetze geschaffen werden; denn in Deutschland müssen ca. 20 Prozent der Abwasserkanäle kurz- oder mittelfristig saniert werden. Das verlangt die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) in einem an die Politik gerichteten Memorandum, das sie anlässlich des Beginns der neuen Legislaturperiode in Berlin vorgelegt hat.

Die Wahlprogramme der Parteien enthalten kaum Aussagen zur künftigen Wasser- und Abfallpolitik, obwohl im – auch aus Sicht der Exportwirtschaft wichtigen – Wirtschaftszweig "Umweltschutz" allein in Deutschland nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung rund 1,5 Millionen Menschen beschäftigt sind. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall hat daher zu den zentralen Themen ihrer Branche Stellung genommen. Ihr Anliegen ist es, Sachargumente in den politischen Beratungsprozess einzubringen.

Mehr Kompetenzen für den Bund

In der Europäischen Union sind nahezu alle Umweltbereiche durch Gemeinschaftsrecht erfasst. Für die Umsetzung in Deutschland, d. h. die Ausgestaltung auf nationaler Ebene, ist der Bund verantwortlich. Im Wasserrecht hat er laut Grundgesetz (Artikel 75) nur die Kompetenz, Rahmenvorschriften zu erlassen, die die Länder jeweils durch Landesrecht konkretisieren müssen. Zur Umsetzung der wichtigen Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, im Dezember 2000 veröffentlicht, sind in Deutschland 33 Rechtsakte erforderlich. Dieser Prozess ist auch nach fast fünf Jahren noch nicht abgeschlossen. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat deshalb am 11. Februar 2005 beim Europäischen Gerichtshof gegen die Bundesrepublik Deutschland eine Klage eingereicht. Die DWA hält es daher für nötig, die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern so zu gestalten, dass auch im Wasserbereich EU-Recht fristgerecht mit wenigen Rechtsakten umgesetzt werden kann. Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Artikel 72 und 74 Grundgesetz) scheint ein angemessener Weg dazu zu sein.

Keine Steuerpflicht für die Abwasserentsorgung

Die DWA setzt sich dafür ein, dass die Kosten der Abwasserentsorgung für die Bürger nicht steigen. Sie lehnt daher die Einführung einer Steuerpflicht für die Abwasserbeseitigung ab. Selbst ein reduzierter Umsatzsteuersatz von sieben Prozent – analog zur Trinkwasserversorgung – brächte Gebührensteigerungen mit sich. Ebenso sieht die DWA die Notwendigkeit, das Abwasserabgabengesetz auf den Prüfstand zu stellen. Nach 25 Jahren Vollzug und dem weitgehenden Ausbau der kommunalen und industriellen Abwasserbehandlungsanlagen verliert die mit dem Gesetz bezweckte Lenkungsfunktion nahezu vollständig ihre Wirkung. Anreize zur weiteren Optimierung des Betriebs sieht das Gesetz praktisch nicht vor. Für die ostdeutschen Bundesländer, wo noch mehr Investitionsbedarf besteht, gibt es Sonderregelungen bezüglich der Verrechnung von Abgaben mit Investitionen. Diese Ende 2005 auslaufenden Regelungen müssen nach Ansicht der DWA kurzfristig verlängert werden, da sonst die noch notwendigen Investitionsvorhaben nicht zeitnah durchgeführt werden können.

Überregulierte Rechtsgebiete vereinfachen

Das Abfallrecht hält die DWA für zum Teil überreguliert. Dies sollte bei der Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie berücksichtigt werden. Eine zentrale Rolle kommt der Frage zu, wie lange Stoffe dem Abfallrecht unterliegen und unter welchen Kriterien sie im regulären Wirtschaftskreislauf wieder vermarktet werden können. Unnötige Begrenzungen und Erschwernisse sollen entfallen.

Hierzu gehört auch, dass die bei der Abwasserreinigung anfallenden Klärschlämme auch künftig landwirtschaftlich verwertet werden können. In Deutschland fallen derzeit rund 2,2 Millionen Tonnen Klärschlamm (gemessen als Trockensubstanz) im Jahr an; davon werden nach einer aktuellen Studie der DWA ca. 35 Prozent in der Landwirtschaft und ca. 20 Prozent im Landschaftsbau verwertet. Die DWA fordert, bei Klärschlämmen die gleichen Beurteilungskriterien anzuwenden wie bei Wirtschaftsdüngern (Mist, Gülle) und anderen Sekundärrohstoffdüngern wie z. B. Komposten. Maßstab für den Einsatz von Düngern müssen der Nährstoffbedarf der landwirtschaftlichen Nutzflächen und die Anforderungen des Boden- und Grundwasserschutzes sein.

Der Infrastruktur mehr Aufmerksamkeit schenken


Der Erhaltung von Hochwasserschutzeinrichtungen, Abwasserkanälen und Kläranlagen in Deutschland muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. So zeigen beispielsweise neueste Untersuchungen der DWA, dass in Deutschland ca. 20 Prozent des rund 500 000 km langen öffentlichen Kanalnetzes so schadhaft sind, dass sie kurz- oder mittelfristig saniert werden müssen. Anreize zur intensiveren Sanierung der bestehenden Infrastruktur sind notwendig. Solche Anstrengungen sind ökonomisch sinnvoll, schaffen Arbeitsplätze und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Daseinsvorsorge und zum Umweltschutz.

Kontakt

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA)

E-Mail:

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