Extreme Hitze und Dürre: Kaskadenartige Folgen systematischer bewerten
28.09.2022
Gleichzeitige extreme Hitze- und Dürreereignisse wirken sich auf unterschiedliche Bereiche aus – etwa Wirtschaft, Gesundheit und Ernährung. Zudem können solche Extremereignisse durch die vielschichtigen sozioökonomischen Verflechtungen zusätzliche Schäden verursachen, wie Forschende der Universität Zürich zeigen. Um betroffene Regionen anpassungsfähiger zu machen, sind systematischere Risikobewertungen nötig.
Der Sommer 2022 präsentiert sich in weiten Teilen Europas von seiner erbarmungslosen Seite: lange Dürreperioden kombiniert mit Rekordtemperaturen. Betroffen von Hitzewellen, Wasserknappheit und Waldbränden sind insbesondere Süd-, West- und Mitteleuropa. Solche Wetterextreme, die sich gegenseitig verstärken, können sich auf ganz viele unterschiedliche Sektoren und Systeme auswirken: etwa das Gesundheitswesen, die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, aber auch die Energieversorgung und Wirtschaft sowie Ökosysteme und Gesellschaft.
Große finanzielle Verluste durch extreme Hitze- und Dürreereignisse
Um besser zu verstehen, welche Folgen solche klimatischen Extremereignisse in verschiedenen Bereichen auslösen, haben Forschende des Geografischen Instituts der Universität Zürich (UZH) acht extreme Hitze- und Dürreereignisse in Europa, Australien und Afrika in den letzten 20 Jahren analysiert. Dabei untersuchten sie nicht nur die direkten und indirekten Auswirkungen auf verschiedene Sektoren und Systeme, sondern zusätzlich auch die Auswirkungen der Reaktionen auf solche Ereignisse. «Sehr erheblich können etwa die finanziellen Verluste sein», sagt Laura Niggli, Erstautorin der Studie, «sie reichen in den untersuchten Fällen von mehreren hundert Millionen bis zu mehreren Milliarden US-Dollar». In Extremfällen wie den Buschbränden in Australien 2019/2020 betrugen die Verluste sogar rund 100 Milliarden US-Dollar, was mehr als 5 Prozent des australischen BIP entspricht.
Zusätzliche Schäden durch kaskadenartige Auswirkungen
Wie die Forschenden zeigen, sind die Auswirkungen von gleichzeitiger Hitze und Dürre keineswegs nur die Summe ihrer einzelnen Effekte auf die verschiedenen Bereiche. «Wir haben ein zusammenhängendes Netz von Sektoren identifiziert, die auf direkte und indirekte Weise interagieren und zusätzliche Verluste und Schäden in mehreren anderen Sektoren verursachen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Energie, Landwirtschaft und Nahrungsmittel», sagt Doktorandin Niggli. Diese vielschichtige Verflechtung macht die Risiken von Extremereignissen so komplex – und kritisch. Denn kaskadenartige Auswirkungen, die sich in zahlreichen Sektoren ausbreiten, können für kritische Systeme weitreichende Folgen haben. «Gleichzeitige Wetterextreme sind potenziell in der Lage, ganze gesellschaftlich relevante Systeme, etwa den Welthandel, zu destabilisieren», betont Niggli.
Die Analyse zeigt zudem, dass die gegen extreme Hitze- und Dürreereignisse ergriffenen Anpassungsmaßnahmen zumeist reaktiv und von begrenzter Reichweite waren. In mehreren Fällen fanden die Wissenschaftler Anzeichen für eine Fehlanpassung: Das heisst Maßnahmen für einen Sektor hatten zum Teil negative Auswirkungen auf andere Sektoren, insbesondere auf den Energie- und Wassersektor, die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Kultur sowie auf die Ökosysteme.
Systematischere Risikobewertung für bessere Anpassungsfähigkeit
Die Forschenden plädieren dafür, die Risikobewertung künftig nicht mehr in einzelne Extremereignisse, Auswirkungen und Sektoren zu unterteilen, sondern die Verflechtung von Sektoren und Systemen systematisch zu berücksichtigen. So ließen sich die Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Regionen verbessern. «Dies ist besonders wichtig, da in Zukunft noch nie dagewesene, kombinierte Extremereignisse und kaskadenartige Auswirkungen zu erwarten sind, die über historische Präzedenzfälle und Erfahrungen hinausgehen. Diese müssen sorgfältig analysiert werden, um die Planung der Anpassungs- und Reaktionsmaßnahmen zu unterstützen», sagt UZH-Geografieprofessor Christoph Huggel, der die Studie geleitet hat.
Gemäß dem Forschungsteam sind dazu nicht nur stärkere Anstrengungen und Investitionen in die Anpassung an Wetterextreme erforderlich. Es braucht zwingend auch eine sektorübergreifende und vermehrt internationale Zusammenarbeit. Denn wenn das Klima wärmer wird, werden extreme Hitze- und Dürreereignisse häufiger, intensiver und länger. Damit werden sie zum wachsenden Risiko für die Gesellschaft.
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