Qualitätssicherung in der Praxis, Teil 2 - Fachgerechte Ausführung sichert Qualität

17.07.2019

Ein wichtiger Bestandteil der RAL-Gütesicherung Kanalbau ist die Überprüfung der Gütezeicheninhaber durch die beauftragten Prüfingenieure. Die rund 30 Ingenieure verfügen über langjährige Baustellenerfahrung und führen auf dieser Grundlage derzeit etwa 3.375 (Stand 2018) unangemeldete Baustellenbesuche pro Jahr bei ausführenden Unternehmen mit Gütezeichen durch.

Bei Maßnahmen der offenen Bauweise überprüft der Prüfingenieur, ob die Bauausführung den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und auch, ob die Vorgaben der Statik bzgl. der Einbaubedingungen der Rohre eingehalten werden. Daneben werden die personelle und maschinentechnische Ausstattung und die Eigenüberwachungsunterlagen geprüft.

Während ein vorangegangener Beitrag zum Thema den Fokus legt auf Maßnahmen der offenen Bauweise und unverbaute Grabenwände bei nichtbindigen Böden, fehlenden Abwasserhaltungen, ungesicherten Gräben im Bereich querender Leitungen oder eine unsachgemäße und damit gefährliche Sicherung der Baugrube im Bereich der Stirnwand, werden in Teil 2 andere typische Abweichungen im Rohrgraben dargestellt.

Hierzu zählen die Abweichungen der Rohrtrasse von der Verbauachse im Graben, Abweichungen bei der Herstellung der Rohrbettung in Form von falscher Materialwahl sowie Materialabweichungen bei der Herstellung von gemauerten Schachtunterteilen oder Bauwerken bei Verwendung nicht zugelassener Kanalklinker.

Geänderte Regelwerke beachten

„Es kommt immer mal wieder vor, dass die Prüfingenieure bei ihren unangekündigten Baustellenbesuchen im Rahmen der Gütesicherung auf Mängel stoßen“, erklärt Dipl.-Ing. Sven Fandrich, Leitung Außendienst, Gütegemeinschaft Kanalbau. „Diese sind dann zu bewerten – und das durchaus auch vor dem Hintergrund von geänderten technischen Regelwerken.“ So hat die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) im März 2019 eine neue Fassung des Arbeitsblatts DWA-A 139 „Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen“ veröffentlicht.

„Während die seit Dezember 2015 gültige DIN EN 1610 „Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen“ den europäischen Standard für den Einbau und die Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen außerhalb von Gebäuden beschreibt“, erklärt Fandrich, „ist es möglich, aus nationaler Sicht erforderliche Inhalte in ergänzenden Regeln zu formulieren.“ Dementsprechend werden in der Neufassung des Arbeitsblatts DWA-A 139 die aus der Sicht der beteiligten Fachkreise für notwendig erachteten ergänzenden Hinweise und weitergehenden Ausführungen zur DIN EN 1610 beschrieben. Insofern ist das Arbeitsblatt DWA-A 139 als nationale Ergänzung zu DIN EN 1610 zu verstehen.

Gemeinsam mit DIN EN 1610 angewendet, bietet dieses Arbeitsblatt Regelungen, um eine qualitativ hochwertige Bauausführung für Entwässerungsleitungen und -kanäle zu erzielen. Die fachgerechte Herstellung ist neben der Verwendung geeigneter und beständiger Bau- und Werkstoffe die Voraussetzung für ein langfristig funktionierendes, wirtschaftliches und Grundwasser schützendes Kanalnetz. In diesem Zusammenhang weist Fandrich auf einige typische Fehler hin, wie er und seine Kollegen sie vor Ort auf den Baustellen bei einem Teil ihrer Besuche antreffen.

Abweichungen von der Verbauachse So werden beispielsweise oft Abweichungen der Rohrtrasse von der Verbauachse im Graben festgestellt. Folge hiervon kann eine ungenügende Verdichtung von Bettung und Seitenverfüllung aufgrund des dann fehlenden Arbeitsraums sein.

„Zur Orientierung wird dazu in den Regelwerken der seitliche Arbeitsraum neben dem Rohr in Abhängigkeit der Nennweite angegeben“, so Fandrich. Zur Realisierung der Vorgaben aus der Rohrstatik und den zusätzlichen Vertragsbedingungen muss dieser Arbeitsraum zwingend eingehalten werden. Abweichungen von diesen Vorgaben führen zwangsläufig zu einer ungenügenden Bettung des Rohres und damit zu einer ungewünschten Lastkonzentration im Rohr aufgrund der verringerten seitlichen Stützwirkung.

Die Folgen können Deformationen, Risse oder Brüche sein. Wenn beispielsweise wegen zu geringem Arbeitsraum (Abb. 1) eine Verdichtung in der Bettung von lediglich 88 % DPr (anstelle der geforderten 95 % DPr) erreicht wird, kann die Belastung des Rohres um den Faktor 3 steigen.

„Dies kann auf die Dauerhaftigkeit des Rohres gravierenden Einfluss haben, da die rechnerischen Sicherheiten unterschritten werden können“, erläutert Fandrich. Daher legt die DIN EN 1610 in Abschnitt 6.1.2 „Arbeitsraum und Bodenverdichtung“ fest: Die Herstellung des statisch erforderlichen Auflagerwinkels und die Zwickelverdichtung mit geeignetem Gerät erfordern, dass die Arbeitsraumbreite in der Planung festgelegt wird.

Der Arbeitsraum nach Abschnitt 6.3 ist auf Grundlage der notwendigen Arbeiten und entsprechend den nationalen Sicherheitsregeln vom Planer festzulegen. Die Bettung sowie Abdeckung und Hauptverfüllung müssen mit der statischen Berechnung übereinstimmen (z. B. Dicke und Verdichtungsgrad in jeder Schicht). Die Leitungszone und die Hauptverfüllung sollten gegen die Grabenwände verdichtet werden.

Erweiternd formuliert die neue DWA-A 139 in Abschnitt 7.2 „Ausführung der Bettung“: Die Bettung muss eine gleichmäßige Druckverteilung unter dem Rohr im Auflagerbereich sicherstellen. Dadurch werden Risse, Verformungen, Punktlagerungen und Undichtheiten vermieden.

Nicht fachgerechte Rohrbettung

Darüber hinaus wird bei einigen Baustellenbesuchen festgestellt, dass zur Herstellung der Rohrbettung ungeeignete Materialen verwendet werden. Das stellt eine Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik dar, in denen die Anforderungen an die Tragfähigkeit der Grabensohle und die fachgerechte Herstellung der Bettung beschrieben werden.

In DWA-A 139 in Abschnitt 7.2.1 „Bettung Typ 1 (Regelausführung)“ wird festgelegt: Für die untere und obere Bettungsschicht muss das gleiche Material verwendet werden. Dies gilt auch für die Verfüllmaterialien in Längsrichtung.

Aufgrund unterschiedlicher Materialien in der Bettung (Abb. 2) und einer beispielsweisen steiferen unteren Bettungsschicht kommt es zur Ausbildung einer Linienlagerung und damit zu einer Lasterhöhung für das Rohr.

Materialabweichungen beim Klinker Seltener kommt es vor, dass die Prüfingenieure Materialabweichung bei der Herstellung von gemauerten Schachtunterteilen oder Schachtbauwerken in Form der Verwendung nicht zugelassener Kanalklinker feststellen (Abb. 3). Dies liegt hauptsächlich daran, dass die meisten Bauwerke heutzutage aus werksseitig gefertigten Bauteilen hergestellt werden.

Werden jedoch Schachtunterteile oder -bauwerke vor Ort hergestellt, so kann beispielsweise bei der Verwendung von gelochten Klinkern die Lastaufnahmefähigkeit des Bauwerks negativ beeinflusst werden. Aus diesem Grund wird in der DIN 4034 Teil 10: 2012-10 festgelegt: Das Mauerwerk ist aus ungelochten Kanalklinkern nach DIN 4051 und Mauermörtel M 10 nach DIN EN 998-2:2010-12, Tabelle 1 herzustellen.

Prüfingenieur reagiert Findet der Prüfingenieur bei seinen Baustellenbesuchen Situationen wie die beschriebenen vor, ist die Vorgehensweise wie folgt: Gravierendere Mängel werden im Prüfbericht dem Güteausschuss der Gütegemeinschaft zur Beratung vorgelegt. Dieser empfiehlt dann dem Vorstand der Gütegemeinschaft ggf. entsprechende Ahndungsmaßnahmen.

Bei festgestellten und dokumentierten Mängeln sieht die Satzung ein abgestuftes System von Ahndungen vor: „zusätzliche Auflagen“, „Verkürzung des Besuchsintervalls“, „Verwarnung“ oder ein „befristeter oder dauerhafter Entzug des Gütezeichens“.

Auf diese Weise trägt die Arbeit des Güteausschusses in Zusammenarbeit mit den beauftragten Prüfingenieuren dazu bei, dass Erfahrung und Zuverlässigkeit der Unternehmen konkret dokumentiert und bewertbar gemacht werden. Auftraggeber können auf dieser Basis konsequent und wirtschaftlich die Prüfung der Bietereignung durchführen. 

Über die Auswahl einer fachlich geeigneten Firma werden die Voraussetzungen für eine fachgerechte Ausführung der Maßnahme geschaffen, denn die Beauftragung qualifizierter Unternehmen kombiniert mit einer fachgerechten Planung und Bauüberwachung machen den Erfolg einer Maßnahme planbar. Ziel der Baustellenbesuche ist, dass durch Anforderungen an die Qualifikation der Beteiligten, durch Eigenüberwachung und natürlich auch durch gemeinsame Auswertung etwaiger Fehler die Ausführungsqualität kontinuierlich verbessert wird.

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