Regenerative Wärmerückgewinnung aus dem Abwasserkanal

22.04.2005

Der Energiebedarf und die Umweltbelastung nimmt weltweit weiter zu, und die fossilen Rohstoffreserven für die Primärenergieerzeugung nehmen ab. Aus diesem Grund wird intensiv nach alternativen Energiequellen geforscht, die einerseits nachhaltig und umweltverträglich, aber andererseits auch wirtschaftlich sein sollen bzw. müssen. Neben den bekannten und bislang ausschließlich propagierten und geförderten regenerativen Energiequellen rückt die "Abwärmenutzung aus dem Abwasserkanal" als neue nachhaltige Wärmequelle immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Keine Frage, aus ökologischer Sicht haben regenerative Energiebereitstellungstechniken schon immer ihre Berechtigung gehabt, jedoch war die Wirtschaftlichkeit meist noch in Frage zu stellen. Die Zeiten haben sich aber geändert. Nicht zuletzt wegen der immer weiter steigenden Energiepreise, sondern auch neue technische Entwicklungen bieten eine gute Perspektive, in diesem Bereich sinnvolle Konzepte umzusetzen.Unverständlicherweise wurde in der Vergangenheit das Abwasserpotenzial zur zusätzlichen Energiegewinnung weniger beachtet. Die Abwasserentsorgung besteht bekanntermaßen aus einem weitverzweigten Kanalsystem unter der Erde, dass ausschließlich für den Abwassertransport bestimmt war. Man hat jedoch bisher nicht konkret darüber nachgedacht, oder auch ignoriert, dass das Abwassernetz rein aufgrund seiner technischen Konstruktion auch ein riesiges flächendeckendes, oberflächennahes Erdwärme-Kollektorsystem ist, das zusätzlich mit warmen Abwässern aus häuslichen und gewerblichen Prozessen nachhaltig gespeist wird.

Allein die öffentliche Abwasserkanalisation in Deutschland transportiert ca. 11 Mrd. m3 Abwasser mit einer durchschnittlichen Temperatur von 15°C. Würde man diese Abwasserwärme nur um 5°C durch eine Wärmerückgewinnung reduzieren, könnte theoretisch eine Wärmemenge von ca. 65 Mio. MWh pro Jahr zurückgewonnen und zusätzlich genutzt, bzw. eingespart werden. Dies entspricht einer Heizölmenge von 5,6 Mio. to. Mit dieser Menge könnten theoretisch 12% der Gebäude in Deutschland beheizt werden. Gleichzeitig würde man den derzeitigen CO2-Ausstoß um 11 Mrd. to reduzieren.
Der Abwasserkanal stellt damit die größte - bislang ungenutzte - regenerative Abwärmequelle dar, die in moderner Weise dezentral und flächendeckend theoretisch jedem Anlieger in einer Stadt auf kürzesten Wege zur Verfügung gestellt werden könnte, so dass eine Wirtschaftlichkeit schon heute prognostiziert werden kann. Zur technischen Umsetzung gibt es schon erste Lösungsansätze auf dem Markt, die sich noch in der Pilot- oder Prototypenphase befinden. Einzelne Studien sind schon vorhanden, und ein zunehmendes Interesse der Kommunen an weiteren Studien und Standortanalysen ist festzustellen. Zwei Pilotanlagen sind in Deutschland bislang in Betrieb. Die Ergebnisse sind recht vielversprechend, müssen aber weiter optimiert und auf solide, d.h. auf allgemeingültige Grundlagen gestellt werden. Einen allgemein anerkannten Stand der Technik gibt es noch nicht. Viele Details sind noch zu klären und einvernehmlich mit allen Beteiligten zu regeln. Dies gilt insbesondere für die Anforderungen aus dem Kanalbetrieb, dessen Hauptaufgabe selbstverständlich in erster Linie die Abwasserentsorgung bleiben wird. Unter dem Aspekt immer weiter steigender Energiepreise und der weiterhin bestehenden Abhängigkeit von der Politik der großen Energiekonzerne ermöglicht jedoch diese zusätzliche Nutzung des Abwasserkanals eine unabhängige dezentrale Energiebereitstellung, und einen wichtigen Schritt hin zur weiteren Liberalisierung des Energiemarktes.
Vor diesem Hintergrund hat das Ingenieurbüro TEC MANAGEMENT ein neues grundlegendes Konzept entwickelt, wie konventionelle Abwasserrohre entsprechend so modifiziert werden können, dass sie zusätzlich auch für die Wärmerückgewinnung sowohl aus dem Abwasser und der gleichfalls erwärmten Kanalluft, als auch aus der Erdwärme bzw. der oberflächennahen Geothermie eingesetzt werden können. Hierzu wird z.B. ein handelsübliches Kanalrohr aus duktilem Gussmaterial mit einem zweiten Rohr in einem bestimmten koaxialen Abstand ummantelt, und letzteres an den Rohrenden druckwasserdicht verschlossen.
In dem Ringraum zwischen den beiden Rohrwandungen zirkuliert das Wärmetauschermedium, das in diesem Fall normales Wasser sein kann. Das äußere Rohr erhält jeweils an den Enden einen Vorlauf- oder einen Rücklaufrohranschluß. Diese binden tangential zum Außenrohrumfang ein, und bewirken einen tangentialen Strömungsimpuls, der das Wärmetauschermedium schraubenförmig um die Rohrachse strömen lässt. Diese Strömungsform wird zusätzlich durch einen im Ringraum eingebauten Drallkörper unterstützt. Dieses Prinzip ermöglicht eine Optimierung der Wärmeübertragung radial in alle Richtungen, ohne mit hohen und aufwendigen Strömungsgeschwindigkeiten arbeiten zu müssen. Ziel ist es, die Wärmeentzugsleistung zu optimieren, jedoch die Strömungswiderstände und die Pumpenleistung so gering wie möglich zu halten.
Des weiteren wurde mit diesem Konzept die Grundlage sowohl für ein einfach und preisgünstig zu fertigendes, als auch weiterhin in üblicher Weise zu verlegendes Industrieprodukt geschaffen. Alle bekannten Rohrdimensionen, Längen und Verbindungssysteme können projektbezogen bestimmt bzw. kombiniert, und vorzugsweise werksvorgefertigt der Baustelle zugestellt werden.
Die Rohre werden wie üblich hintereinander in Reihe im offenen Graben verlegt. Jeder Wärmetauscher wird über die seitlich abgehenden Anschlüsse mit einer separat im Graben verlegten Vor- bzw. Rücklaufsammelleitung verbunden. Beide Sammelleitungen verlaufen vorzugsweise parallel auf dem Abwasserrohr, so dass sie für die seitlich einbindenden Abwasser-Hausanschlüsse keine Behinderung darstellen. Für jeden Anlieger bzw. Abwassereinleiter in den Kanal bietet sich nun die Möglichkeit, sich gleichzeitig auf kürzester Entfernung an die Abwärmesammelleitung anzuschließen, und die entsprechende Wärme abzuzapfen und seiner Wärmepumpe zuzuführen.
Dieses Konzept ist anwendbar sowohl bei kommunalen Sammler, wie auch bei privaten oder gewerblichen Grundleitungen, und ist vorrangig für anstehende Kanalerneuerungen und entsprechende Neuerschließungen konzipiert. Keine Frage - dies bringt natürlich mit sich, dass der bisherige Kanalbetreiber sich dieser neuen Nutzung seiner Kanalanlage öffnet, und sich mit der Energieseite an einen Tisch setzt, um entsprechende Betreibermodelle sachgerecht zu erörtern und abzuschließen. Hierfür kann das moderne EnergieContracting ein mögliches Modell darstellen.
TEC MANAGEMENT plant, anlässlich der Messe IFAT (www.ifat.de) einen ersten Prototypen auf dem Stand der FBS (www.fbsrohre.de) auszustellen. In diesem Fall wird der Doppelmantelrohr-Wärmetauscher jedoch als mögliche weitere Variante innen in einem Beton-Fertigteilrohr bündig eingelassen sein.

Quelle: TEC MANAGEMENT

Kontakt

Dipl.-Ing. Michael Henze, TEC MANAGEMENT

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